Miyazaki - Mit der Wahl der 50-jährigen Lehrerin Sharran
Burrow zur Präsidentin des Internationalen Bundes Freier
Gewerkschaften (IBFG) steht erstmals eine Frau an der Spitze der
weltweiten Gewerkschaftsbewegung. Als Generalsekretär wurde laut
ÖGB-Aussendung vom Freitag der Brite Guy Ryder bestätigt,
ÖGB-Vizepräsidentin Renate Csörgits ist wieder Mitglied des
53-köpfigen IBFG-Vorstandes. "Ich bin zu tiefst bewegt über die Ehre
in dieses Amt gewählt worden zu sein", erklärte Burrow in einer
ersten Reaktion gegenüber dem ÖGB-Pressedienst. "Es ist eine Ehre als
Gewerkschafterin und als Frau."
Schwierige Situation in Australien
Burrow ist laut Aussendung Präsidentin des australischen
Gewerkschaftsbundes (ACTU), der seit einigen Jahren mit einer
gewerkschaftsfeindlichen Politik konfrontiert ist.
Kollektivvertragsverhandlungen wurden in Australien per Gesetz auf
betriebliche Ebene verlagert. Das hat zur Folge, dass ArbeitnehmerInnen in
Betrieben ohne gewerkschaftliche ausgehandelte Tarifverträge für die
gleiche Leistung um rund 100 bis 193 Australische Dollar (1
Australischer Dollar = 0,567 Euro) pro Woche weniger verdienen als
ihre Kolleginnen in gewerkschaftlich organisierten Betrieben. Die
Regierung Howard hat das Streikrecht beschränkt, auf Universitäten
wird Druck ausgeübt und bei Gewerkschaften versucht, diese zu
schwächen.
"Rauhen Wind gewöhnt"
Burrow sagte, sie sei daher als ACTU-Präsidentin rauen Wind
gewöhnt. "Ich habe eine große Verantwortung übernommen und viel
Arbeit vor mir." Die Aufgabenliste, die der IBFG-Kongress in Miyazaki
gestellt hat, sei lang: Bildung eines geeinten weltweiten
Gewerkschaftsbundes, Bekämpfung der Kinderarbeit und Armut, Stärkung
der Rechte der Frauen, Bekämpfung von Diskriminierung, weltweite
Durchsetzung und Stärkung der Gewerkschaftsrechte, Kampf für soziale
Gerechtigkeit in der globalen Wirtschaft und vieles mehr.
Gewerkschaften in Ländern stärken
Burrow: "Die Stärke der internationalen Gewerkschaftsbewegung muss
im Herzen, also an jedem einzelnen Arbeitsplatz, beginnen." Wenn die
Arbeit der lokalen Gewerkschaften vor Ort nicht funktioniere, gäbe es
auch auf internationaler Ebene Probleme. Es sei die Aufgabe des IBGF,
Gewerkschaften in den Ländern zu stärken und gemeinsam mit den
nationalen Gewerkschaften dafür zu sorgen, dass die
Gewerkschaftsarbeit von den Regierungen respektiert wird und
Kollektivvertragsverhandlungen sowie Gewerkschaftsrechte gestärkt
werden. Der neuen Weltgewerkschaft kommt, so Burrow, vor allem im
geschlossenen Auftreten gegenüber internationalen Organisationen wie
der Weltbank, der WTO (Welthandelsorganisation) oder des IWF
(Internationaler Währungsfonds) besondere Bedeutung zu. "Die Konzerne
sprechen mit einer Stimme und wir Arbeitnehmer-Vertreter werden ihnen
weltweit geschlossen entgegentreten", so Burrow. (APA)