Vizerektor für Lehre, Prof. Rudolf Mallinger: "Eine Uni kann nie zufrieden sein"

Bild: derStandard.at/Zielina

Der stellvertretende Curriculumsdirektor, Prof. Werner Horn: "Wir wollen keine Steine in den Weg legen"

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Mitte November mussten 264 Studierende an der Medizinischen Universität Wien einen herben Rückschlag einstecken. Sie waren bei der "SIP II"-Prüfung am 4. November, einem von insgesamt drei derartigen Tests am Ende jedes Jahres des zweiten Abschnitts, durchgefallen. Soweit nicht ungewöhnlich, wären nicht die Durchfallsquoten insgesamt beachtlich: Insgesamt traten 427 Studierende zur Prüfung an, rund 62 Prozent schafften sie nicht.

Falsche Versprechungen?

"Dabei hat es noch im Herbst geheißen, dass nur im ersten Abschnitt 'ausgesiebt' wird", empörte sich die Studentin Anna-Lena. Die SIP I, die Prüfung am Ende des ersten Studienabschnittes, sei ohne hin schwer genug. "Wer die SIP I schafft, hat von da an hervorragende Chancen für ein Studium in Mindestzeit", hatte Vizerektor Mallinger noch am Beginn des Studienjahres in einer Aussendung erklärt.

"Morbus MUW"

Die Gemüter der StudentInnen gingen angesichts der vielen negativen Noten hoch, was die Universitätsvertretung der MUW veranlasste, die verantwortlichen Universitätsbediensteten zur Diskussion zu bitten. Unter dem Motto "Morbus MUW - Schütz dich jetzt!" lud sie zu einer Podiumsdiskussion mit dem Thema "Prüfungshürde SIP2".

Den Fragen und vor allem auch der Kritik der StudentInnen stellten sich der Vizerektor der MUW, Prof. Rudolf Mallinger und der stellvertretende Curriculumsdirektor, Prof. Werner Horn. Die Interessen der Studierenden am Podium vertrat Judith Böhm von der UV Medizin.

Langer Hürdenlauf

"Es gab eine Zusage von Seiten der Universität, dass die große Hürde im Studium die SIP I sein wird. Wenn jetzt von ehemals 1600 Anfängern die 480 Besten bei der SIP II antreten und davon noch einmal 60 Prozent durchfallen, sind das unnötige Steine im Weg der StudentInnen", klagt Judith Böhm.

Vor allem die Willkürlichkeit der Fragenauswahl bei der Multiple-Choice-Prüfung, das ungleiche Niveau der Fragen und das Gefühl, für das neue Curriculum als "Versuchskaninchen" herhalten zu müssen, empörte die Studierenden bei der Diskussion im Hörsaal Eins des AKH.

Verbesserungswürdig

Auf die Frage, ob die Universität sich das Ergebnis der Prüfung so vorgestellt hätte, antwortete Vizerektor Mallinger: "Eine Uni kann nie zufrieden sein, es gibt immer etwas zu verbessern. Und an diesem neuen Curriculum gibt es besonders viel zu verbessern." Auch der stv. Curriculumsdirektor Horn beteuerte, dass man sich das Ergebnis "so nicht gewünscht hätte".

"Schlechte Ärzte"

Besonderen Unmut erweckte die Tatsache, dass im "Probejahrgang" für das neue Curriculum und bei den ZahnmedizinerInnen die Hürde für das Bestehen der SIP II bei 50 Prozent liegt, während alle anderen 60 Prozent der Punkte erreichen müssen. Entsprechend aufgeregt auch die Fragen aus dem Publikum: "Wie kann es sein, dass manche ihr Studium mit weniger Wissen und Können abschließen dürfen - werden die dann schlechte Ärzte?" Reaktion von Prof. Mallinger: "Wir können drüber reden, auch im Probejahr die Bestehensgrenze anzuheben". Daraufhin waren aus dem Publikum aufgeregte "Erpressung"-Rufe zu hören.

Keine Kontrolle

Heftig kritisiert wurde auch die Methode der Prüfungszusammenstellung. ProfessorInnen reichen ihre Fragen in einem Prüfungspool ein, aus dem dann je nach Gewichtung der Fächer nach dem Zufallsprinzip Prüfungsfragen gelost werden. Das Problem: Ob die Fragen mit dem Stoff wirklich übereinstimmen und in entsprechenden Lehrveranstaltungen auch behandelt wurden, wird nicht überprüft. "Die PrüfungsreferentInnen sind keine Fachleute, können daher solche Entscheidungen nicht treffen", rechtfertigte der Vizerektor den Arbeitsablauf. Wenn es bei oder nach derPrüfung Beschwerden gebe, würden die betroffenen Fragen ohnehin überprüft.

Judith Böhm forderte, dass auch der Schwierigkeitsgrad der Fragen irgendeiner Kontrolle unterliegen müsse. Unter lautem Applaus demonstrierte ein Student mit einem Beispiel aus dem Prüfungsbogen, was mit "eigenartigen" Fragen gemeint sei: "Was ist die Ursache von Fieber unbekannter Ursache?"

Prophezeiungen

Fazit der Veranstaltung: Von Seiten des Vizerektors und des Curriculumdirektors kam vor allem das Zugeständnis, sich um die bestehenden Probleme zu kümmern. Für die Studierenden, die im November noch die unverbesserten Bedingungen bei ihrer Prüfung vorfanden, gibt es keine Lösung. Sie müssen es beim nächsten Termin noch einmal versuchen. Die Chancen, dass dann nicht allzu streng geprüft wird, sind gut: "Es ist zu erwarten, dass beim Wiederholungstermin die Meisten durchkommen", prophezeite Prof. Horn. (az)