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Nikolaus Harnoncourt

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger
Wien - Philharmonische Programmplaner sind visionäre, Zeit und Ewigkeit mit festem, klarem Blicke schauende Menschen. Präzise zum Tage des Festes der Unbefleckten Empfängnis Mariä (es fällt Kirchenjahr für Kirchenjahr in die Zeit des Advents) unterhielten sie den Konzertbesucher mit einer Totenmesse. Empfängnis, Expression, Exitus: Der feiertäglich gestimmte Musikliebhaber fühlte schon jenen ewig gültigen Dreiklang des Lebens in sich schwingen, noch ehe er sich in seinen geliebten Musikvereinssessel bequemt hatte, die üppigen Effekttableaus von Giuseppe Verdis Requiem auf sich wirken zu lassen.

Das Großwerk des Italieners wird regiert von der Heiligen Zweieinigkeit der Theatergötter Kitsch und Pathos. Meint man schon in den ersten, zuckerwattezarten Requiem-Takten Violetta ihrem Ende entgegenhüsteln zu hören, so braust im Dies Irae die musiktheatralische Windmaschine, zuckt bühnenkünstliches Blitzlicht aus der Partitur. Verdis kunstvoll komponierte Schrecknisse sind solche der Äußerlichkeit - sie erschüttern hauptsächlich das Ohr, kaum das Herz, nie die Seele. So war denn auch das Äußerste an Schmerz, was einem bei der Konfrontation mit dem Todesopus widerfuhr, jener akustische der wilden Piccoloflötentöne im Dies Irae.

Aber auch die restlichen Philharmoniker gaben sich selbstlos hin und dienten unter den segnenden Händen Nikolaus Harnoncourts so, wie man es sich von ihnen erwartet: erstklassig. Mit klarer Empfindsamkeit, mit biegsamer Haltung sang und klang der Arnold Schönberg Chor. Im Solistenquartett erwischte Bernarda Fink einen sensationellen Vormittag, Eva Mei und Ildebrando d'Arcangelo tönten werkadäquat dramatisch-emphatisch, und Michael Schade wird hier sowieso außer Konkurrenz geführt: ein Engel auf Erden.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.12.2004)

Philharmoniker-Ehrenmitglied

Nikolaus Harnoncourt, der am 6. Dezember seinen 75. Geburtstag gefeiert hat, wurde Mittwoch Nachmittag zum Ehrenmitglied der Wiener Philharmoniker ernannt. Dabei bekam der nicht nur von Philharmoniker-Vorstand Clemens Hellsberg die Ehrenurkunde überreicht, sondern musste auch 75 Kerzen einer Geburtstagstorte ausblasen. Harnoncourt ist das 46. Ehrenmitglied in der Geschichte des Orchesters.

Hellsberg erinnerte daran, dass Harnoncourt auf den Tag genau vor 20 Jahren erstmals ein Konzert mit den Wiener Philharmonikern geleitet hatte und machte auch kein Hehl aus dem Umstand, dass man einander von entgegengesetzten Polen kommend gefunden habe. "Sie haben es sich und uns nicht leicht gemacht." Nun hoffe er nicht nur darauf, dass Harnoncourt möglichst häufig wiederkomme: "Zu uns müssen Sie jetzt kommen!" Schließlich könne die Versammlung per Beschluss jedes Mitglied zur Mitwirkung an bestimmten Vorhaben verpflichten. (APA)