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Das unkontrollierte Shoppen geschehe manchmal in einem Zustand der Euphorie, häufiger aber in einer schlechten, deprimierten Stimmung.

Foto: AP/PIZAC
Erlangen - Wer zu unkontrolliertem Kaufverhalten neigt, sollte nach Empfehlung der Erlanger Psychologin Astrid Müller bei den Weihnachtseinkäufen die Kreditkarte zu Hause lassen. "Ich kann diesen Menschen nur raten, nicht ungeplant in Geschäfte zu gehen und nicht mehr Geld mitzunehmen als vorgesehen", betonte die Ärztin an der Universitätsklinik Erlangen. Nach einer Studie der Universität Stuttgart-Hohenheim von 2001 sind allein in Deutschland sechs bis acht Prozent stark kaufsuchtgefährdet - "Tendenz steigend".

Patienten mit Kaufzwang legen sich unnötige und unsinnige Dinge zu. Die Sachen würden häufig gehortet, unter einem Vorwand zurückgegeben oder verschenkt, erklärte Müller, die seit Frühjahr 2003 die Studie "Pathologisches Kaufen" an der Uni leitet. Besonders die Vorweihnachtszeit verleite zu exzessivem Einkaufen, da Geschenke für andere und sich selbst gekauft werden müssten.

"Depressive Störungen"

Das unkontrollierte Shoppen geschehe manchmal in einem Zustand der Euphorie, häufiger aber in einer schlechten, deprimierten Stimmung. "Die meisten Patienten haben auch depressive Störungen", stellte die Wissenschafterin fest. Hinzu komme oft ein niedriges Selbstwertgefühl. Die Kaufhandlung diene daher als eine Art Kompensation und erfolge zwanghaft. "Die Patienten können diesen Gedanken, Handlungen und Impulsen nicht widerstehen."

Mit einem Fragebogen wird vor einer Behandlung zunächst eine mögliche Kaufsuchtgefährdung getestet. Dabei müssen Fragen beantwortet werden wie "Geben Sie zwanghaft Geld aus, wenn Sie sich schlecht fühlen?" oder "Stellen Sie häufig fest, dass Sie mehr kaufen als Sie eigentlich vorgehabt haben?"

"Sozial erwünschtes Verhalten"

Anders als beim Alkoholismus sei exzessives Kaufen zunächst einmal ein "sozial erwünschtes Verhalten", erklärte die Psychologin. Die Folgen seien für die Betroffenen aber teilweise genauso gravierend: Finanzielle und familiäre Probleme bis hin zu Schwierigkeiten am Arbeitsplatz. Dabei stünden meistens die Geldprobleme im Vordergrund.

Nach Angaben von Müller ist Kaufsucht überwiegend ein weibliches Phänomen. Schätzungsweise zu 80 Prozent seien Frauen betroffen. Sie kauften sich häufig Kosmetika, Kleidung oder Schuhe. Männer griffen dagegen auf Artikel wie Elektronikgeräte oder Autozubehör zurück. Mit einer Verhaltenstherapie könnten viele Patienten wieder ein angemessenes Kaufverhalten lernen, sagte Müller und schränkte gleichzeitig ein: "Wir können nicht allen helfen." (APA/dpa)