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Teamgeist, Mut und Entschlossenheit" brauche man, um Jägersoldat zu werden, beschreibt die Internetseite des Bundesheeres das Anforderungsprofil. Dass man bei der Ausbildung misshandelt wird ist nicht vorgesehen. Genau dies ist aber in der Freistädter Tilly-Kaserne offenbar geschehen.

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Die erste Konsequenz

Drei Kommandanten des Jägerbataillons 15 wurden Freitag vom Dienst suspendiert und Disziplinarverfahren gegen sie eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

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Ein "Bündel von Fehlverhalten"

Bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz zeigte sich Verteidigungsminister Günther Platter (VP) entrüstet. Ein "Bündel von Fehlverhalten" habe "zweifellos zu Übergriffen" geführt, analysierte der Politiker. "Folter" sei es aber nicht gewesen, was 80 Grundwehrdiener im Oktober des Vorjahres erlebt hatten

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Nach einem zweitägigen 40-Kilometer-Marsch

Die Kompanie war nach einem zweitägigen 40-Kilometer-Marsch "gekidnappt" und von Vorgesetzten gezwungen worden, mit Sandsäcken über den Köpfen durch eingewässerten Kompost zu robben. Dabei wurden sie beschimpft, mit kaltem Wasser abgespritzt und auf den Rücken getreten.

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Vorgetäuschtes Urinieren mit Feldflaschen

Die Vorgänge wurden von einem Ausbildner gefilmt, die Aufnahmen gelangten über Umwege in die Hände eines der Opfer. Einer der "Höhepunkte des Wehrsport-Videos": Mehrere Ausbildner täuschen vor, auf die Rekruten zu urinieren, indem sie warmes Wasser aus Feldflaschen über ihre Köpfe gießen.

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Tests in Masken

Als Abschluss der Übungs-simulation mussten die "Geiseln" noch ABC-Masken aufsetzen und in einem Lehrsaal einen schriftlichen Test absolvieren - teilweise am Boden liegend und mit dem Film "Der Soldat James Ryan" in extremer Lautstärke als Hintergrundgeräusch. "Viele waren nach dieser halbstündigen Tortur psychisch völlig am Ende und haben geweint", so der 21-jährige Mühlviertler Rekrut, der die Vorfälle an die Öffentlichkeit brachte.

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"Ein fürchterlicher Eindruck, diesen Psychoterror zu sehen"

In der Tilly-Kaserne in Freistadt laufen bereits Untersuchungen an. "14 Personen - sowohl betroffene Rekruten als auch Ausbildner - bestätigten die in dem Video gezeigten Übergriffe", erklärte der Vorsitzende der Bundesheer-Beschwerdekommission, Paul Kiss. "Es ist ein fürchterlicher Eindruck, diesen Psychoterror zu sehen", zeigte sich Kiss bestürzt.

Es gelte jetzt, die Vorfälle "rasch und lückenlos" zu klären und vor allem müsse man prüfen, ob diese Ausbildungsmethoden auch heuer noch "trauriger Usus" waren.

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Anordnung: Video zu vernichten

Die Ausbildner hätten "in Eigenregie beschlossen, den psychischen Druck zu erhöhen" und seien weit über ihre Grenzen gegangen, sagt Oberösterreichs Militärkommandant Kurt Raffetseder. "Das steht im krassen Gegensatz zu allen Vorschriften." Dass aber genau jene Vorgesetzten - laut betroffenen Grundwehrdienern - nach dem Bekanntwerden der Misshandlungen angeordnet hätten, das Video zu vernichten, wollte Raffetseder "nicht kommentieren".

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Neue Vorwürfe

Dem STANDARD liegt eine Anzeige bei der Staatsanwalt Innsbruck vor, in der ein ehemaliger Uno-Soldat ebenfalls schwere Vorwürfe erhebt. Während seines Golan-Einsatzes 1996 sei er massiv bedroht worden. Die 3. Kompanie sei "eine Kombination aus Irrenhaus und Kindergarten" gewesen.

Ein österreichischer Blauhelm habe sogar einen Kameraden erschossen, heißt es in der kürzlich erstatteten Anzeige. Der Todesfall gilt bis heute als ungeklärt.

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Beschwerde-Hotline

0800/24 12 06 - Vom Bundesheer wurde ein Meldeservice für misshandelte Soldaten eingerichtet

(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.12.2004)

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