Paris - Nach dem Vorsitz der konservativen französischen
Mehrheitspartei UMP und dem Abgeordnetensitz in der Pariser
Nationalversammlung hat der französische Ex-Premierminister Alain
Juppé auch das Amt des Bürgermeisters von Bordeaux aufgegeben. Der
59-jährige enge Vertraute von Staatspräsident Jacques Chirac zog
damit am Donnerstag die Konsequenz aus seiner Verurteilung zu einer
Bewährungsstrafe wegen einer Korruptionsaffäre. Juppé empfahl den
UMP-Abgeordneten Hugues Martin als seinen Nachfolger im
Bürgermeisteramt. Er sagte, er wolle zunächst "Abstand" von der
Politik nehmen und habe derzeit nicht die Absicht, "wieder auf mein
Pferd zu steigen und in die Schlacht zu ziehen".
Parteienfinanzierung
Ein Berufungsgericht in Versailles hatte Juppé am Mittwoch wegen
seiner Verwicklung in eine Affäre um illegale Parteienfinanzierung zu
14 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt und zugleich
entschieden, dass er sich ein Jahr lang nicht um ein politisches Amt
bewerben darf. Den UMP-Vorsitz und das Abgeordnetenmandat hatte Juppé
bereits nach dem erstinstanzlichen Urteil aufgegeben, in dem die
Richter ihn im Jänner zu 18 Monaten Haft auf Bewährung und zehn
Jahren Unwählbarkeit verurteilt hatten.
Scheinbeschäftigungen im Pariser Rathaus
In dem Korruptionsprozess ging es vor allem um die
Scheinbeschäftigung von sieben Bediensteten des Pariser Rathauses in
der Zeit zwischen 1988 und 1995, die in Wirklichkeit für Chiracs
damalige neo-gaullistische RPR-Partei gearbeitet hatten. Chirac war
im fraglichen Zeitraum Bürgermeister von Paris und RPR-Chef, Juppé
RPR-Generalsekretär und Chiracs für die Finanzen zuständiger Vize im
Pariser Rathaus. Chirac wird durch sein Amt als Staatschef vor
Strafverfolgung geschützt. (APA/AFP)