Wien - Eine Privatisierungstranche der Superlative ging am Donnerstag über die Bühne: Die Verstaatlichtenholding ÖIAG verkaufte in einer Blitzaktion 17 Prozent ihrer Anteile an der Telekom Austria (TA). Rekordverdächtig ist die Transaktion in mehrfacher Hinsicht: Erstens ist es das größte Aktienpaket, das binnen weniger Stunden in einem Schlag je über den Ladentisch der Wiener Börse ging. Zweitens zahlten die nationalen und internationalen Investoren mit 13,05 Euro pro Aktie auch eine Prämie, was sonst nur bei Paketverkäufen üblich sei, hieß es Donnerstagnachmittag stolz in ÖIAG-Kreisen. Das Preisband war zuvor mit 12,80 bis 13,05 beziffert worden.

ÖIAG fast schuldenfrei

Die ÖIAG zieht sich damit auf etwas mehr als 30 Prozent an der TA zurück und ist mit dem Erlös von rund 1,1 Milliarden Euro und dem bevorstehenden Verkauf der 15 Prozent an der VA Tech praktisch schuldenfrei.

Nach Angaben eines Händlers der Bank Austria Creditanstalt AG (BA-CA) wurden die Aktien bis 12 Uhr vollständig platziert, was auch beim Global Bookrunner der Transaktion, JP Morgan, durchsickerte. Formal muss der Aufsichtsrat der ÖIAG den Preis in der heute, Freitag, anberaumten Aufsichtsratssitzung noch bestätigen. Da dieser aber über jenem der fünfprozentigen Umtauschanleihe auf TA-Aktien liege, sei dies nicht mehr als ein Formalakt, hieß es.

"Der Overhang ist weg, die Telekom Austria ist jetzt endlich ein richtiges Streubesitzunternehmen", sagte ein Investmentbanker zum STANDARD. Die ÖIAG hält nun rund 30 Prozent, was aufgrund der Sperrfrist zumindest bis Juni 2005 auch so bleiben wird.

Die verspätet in den Handel gegangene TA-Aktie reagierte sehr freundlich, der Kurs stieg bis zum späten Nachmittag auf 13,24 Euro. Am Mittwoch hatte sie mit 12,88 geschlossen. Seit Jänner hat die Aktie gut 35 Prozent zugelegt und den Eurostoxx-Telecom-Index, der 8,5 Prozent im Plus liegt, weit übertroffen.

Ausschlaggebend für den hohen Verkaufspreis seien die guten Zahlen zum dritten Quartal gewesen und der angekündigte Kauf der bulgarischen MobilTel. Damit gehöre die TA zu den wachstumsstärksten Titeln in Europa. Außerdem sei der Kaufpreis für den bulgarischen Mobilfunker mit maximal 1,6 Milliarden Euro günstig, sagten Analysten und Banker.

Der weitere Rückzug der ÖIAG ist auch im Sinne des TA- Managements. Generaldirektor Heinz Sundt hatte erst in der Vorwoche für den raschen, weiteren Rückzug der ÖIAG plädiert. Ob sich die ÖIAG letztlich zur Gänze aus der TA zurückziehen wird, ist freilich offen. ÖIAG-Sprecherin Anita Bauer sagte, mit dem Verkauf von 17 Prozent sei das Privatisierungsprogramm für 2004 vorerst erfüllt. "Was mit der Sperrminorität letztlich geschieht, ist noch nicht entschieden. Im Grundsatz gilt aber, was im Privatisierungsauftrag steht." Dieser sieht vor, dass die ÖIAG bis zum Ende der Legislaturperiode bis zu hundert Prozent der TA verkaufen kann.

Kritik von SPÖ

Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte nach dem Scheitern der Fusion mit der schweizerischen Swisscom Mitte August aber erklärt, die ÖIAG sollte "auf absehbare Zeit" Kernaktionär der TA bleiben. Ein Sprecher Grassers sagte, man begrüße den weiteren Rückzug der ÖIAG.

Kritik kam einmal mehr von der SPÖ, die einen Verkauf unter Unternehmenswert und die Gefährdung von tausenden Arbeitsplätzen ortet. "Die Regierung Schüssel und deren hoch bezahlte Vollstrecker in der ÖIAG verschleudern mit den 17 Prozent der Telekom Austria wieder einmal ein Stück Österreich", kritisierte SPÖ-Wirtschaftssprecher Johann Moser. Die Regierung führe damit neben VA Tech den nächsten Technologiekonzern Österreichs "auf die Schlachtbank". (ung, Der Standard, Printausgabe, 03.12.2004)