Hannover - Das Dopingmittel Epo könnte, in einer leicht abgewandelten Form, als Mittel gegen Schlaganfallschäden und Schizophrenie helfen. Risikoreiche Nebeneffekte wie langsamer Blutfluss und verstopfte Gefäße, denen in der Vergangenheit bereits einige gedopte Sportler zum Opfer gefallen sind, könnten dabei ausgeschlossen werden, berichtet Technology Review.

Das gentechnisch hergestellte Hormon Erythropoietin (Epo) sorgt seit seiner Markteinführung Ende der Achtzigerjahre immer wieder für Schlagzeilen. Es regt die Bildung roter Blutkörperchen an, was die Sauerstoffversorgung der Muskeln verbessert und damit die Leistungsfähigkeit steigert. Vor allem im Radsport wurde - und wird - Epo als Dopingmittel eingesetzt. Abgesehen davon, dass das Spritzen von Epo für Wettkämpfer verboten ist, kann es auch lebensgefährlich werden: Durch die vermehrte Bildung roter Blutkörperchen wird das Blut dickflüssiger. Verliert der Sportler im Training oder Wettkampf viel Wasser, können tödliche Blutgerinnsel entstehen.

Viel versprechendes Therapeutikum für neurologische Leiden

Epo, dessen ursprüngliche medizinische Indikation Blutarmut bei schwer kranken Nierenpatienten war, könnte jedoch ein viel versprechendes Therapeutikum für bisher schwer behandelbare neurologische Leiden wie Schlaganfallschäden und Schizophrenie sein. Forscher des Max-Planck-Instituts für Experimentelle Medizin in Göttingen haben nämlich entdeckt, dass Epo nicht nur die Bildung roter Blutkörperchen anregt, sondern auch als Schutzfaktor im Gehirn wirkt.

Das Hormon, fanden Wissenschafter um die Neurologin Hannelore Ehrenreich heraus, bewahrt Nervenzellen vor dem Apoptose genannten Suizid, bei dem geschädigte Hirnzellen oftmals zu tausenden absterben. Bisher hat die Sache allerdings einen entscheidenden Haken: Anders als bei einer kurzen, aber intensiven Epo-Therapie von Schlaganfallpatienten müssten Menschen mit neurodegenerativer Erkrankung das Mittel vermutlich ein Leben lang nehmen.

Wie die Dopingsünder im Spitzensport wären daher auch sie der Gefahr ausgesetzt, dass sich ihr Blut durch zu viele rote Blutkörperchen verdickt und plötzlich einen Infarkt auslöst. US-Forschern um Michael Brines vom Kenneth S. Warren Institute ist es nun aber gelungen, den Wirkstoff abzuändern. Cepo, wie die Epo-Variante heißt, besitzt nur die nervenschützende Wirkung, treibt aber die Blutbildung nicht weiter an, wie Experimente mit Ratten und Mäusen zeigten. Das künstliche Hormon soll nun in klinische Studien gehen. (fei/DER STANDARD, Printausgabe, 1.12.2004)