Übernimmt im Mai die Agenden von Gerhard Randa: Michael Mendel

Foto: HVB
Wien - Unter den Mitarbeitern der Bank Austria Creditanstalt - BA-CA - herrschte am Montag "Unverständnis" über die Ablöse von Gerhard Randa. Er wird, wie exklusiv berichtet, im Mai vorzeitig aus dem Vorstand der BA-CA-Mehrheitseigentümerin HypoVereinsbank - HVB - ausscheiden.

Übernehmen wird Randas Geschäftsfeld im HVB-Vorstand - Österreich und Osteuropa - der 47-jährige Michael Mendel. Ihm bringen die Mitarbeiter ein gewisses Maß an Vertrauen entgegen: Mendel saß 2001 als Risikomanager im BA-CA-Vorstand und hat sich dort den Ruf eines "kompetenten und sozial sehr verträglichen Managers" geholt.

Möglicher Rampl-Nachfolger

2002 war Mendel wieder in die Zentrale nach München geholt worden, zuständig für das Not leidende Deutschland-Geschäft. Das wird nun von Privatkundenbankerin Christine Licci und Sanierungs- und Immobilienexperten Johann Berger geleitet.

Mendel gilt in Deutschland auch als möglicher Nachfolger für den 57-jährigen HVB-Chef Dieter Rampl. In seinem neuen Tätigkeitsfeld Österreich und Osteuropa könne der gebürtige Hamburger "nun beweisen, dass er der geeignete Nachfolger ist".

Wie er das tut - das wird auch für die BA-CA-Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. Die einen mutmaßen, BA-CA-Aufsichtsrat Mendel werde die Österreicher härter an die Kandare nehmen, um Synergien zu heben und die Erträge weiter anzukurbeln.

Anderen zufolge könnte er genauso gut ein wenig auf Konfrontationskurs zu München gehen und die Wiener in ihrem Unabhängigkeitsglauben stärken. Ein Weg, der Randa nicht so gut bekommen ist.

Kursgewinn

Auf den Finanzmärkten wurde die Rochade positiv aufgenommen. Die HVB-Aktie legte am Montag um bis zu drei Prozent zu, Analysten begrüßten die Verstärkung des Vorstands mit erfolgreichen, jungen Managern.

Bei Konkurrenten und Weggefährten hat Randas Ablöse für eines sicher gesorgt: für Überraschung. Die Beurteilung der Arbeit des heute 60-jährigen fällt, je nach Position des Kritikers, sehr unterschiedlich aus.

Reaktionen

Guido Nikolaus Schmidt-Chiari etwa, Exchef der Creditanstalt (CA) kritisiert in erster Linie den Verkauf der BA-CA an die Münchner, die ihr "Ziel, die BA-CA zu einer Bank Bavaria zu machen, konsequent verfolgt haben." Schmidt-Chiari: "Aus Randas großer Ankündigung, die BA-CA zu einer unabhängigen Bank zu machen, ist durch den Verkauf an die Bayern nichts geworden. Leider hat sich herausgestellt, dass die HVB sehr ertrags- und kapitalschwach ist." Er selbst glaube heute noch, "dass die größte Bank des Landes von Österreich aus geleitet werden sollte und der Verkauf an die Bayern nicht notwendig war".

Letzte Rechnung

In dieselbe Kerbe schlägt der bürgerliche Ex-Banker und heutige Unternehmer Josef Taus. Generell sollten "kleine Industriestaaten trachten, ihre Unternehmen in der eigenen Hand zu behalten". Die BA-CA sei nach dem Verkauf"eben nur ein Teil der HVB." Randa selbst sei aber "ein tüchtiger Banker". Daran, dass er trotzdem den Hut nehmen muss, lasse sich ablesen, "dass Randas letzte Rechnung nicht aufgegangen ist."

Ein Befund, den auch Randas Erzrivale Andreas Treichl, Chef der Erste Bank, teilt. Er gesteht zwar ein, dass "die stärker gewordene österreichische Bankenlandschaft Randa einiges zu verdanken hat, und der viele hervorragende Züge am strategischen Schachbrett gemacht hat. Sein letzter Zug ging allerdings daneben."

"Entweder-oder"

Dass Randa, der im Umgang mit Mitarbeitern nie zimperlich war, jetzt sehr schnell entfernt wurde, wundert den Erste-Chef nicht: "Gerade Randa musste wissen, dass man seinem Generaldirektor nicht zu oft widersprechen soll. Ich nehme an, er hat es darauf angelegt und sich gedacht: Entweder-oder."

Rosen streut dagegen Randas langjähriger Chef und Weggefährte, Ex-Z- und Ex-BA-CA-Chef René Alfons Haiden: "Für mich war Randa immer der größte Stratege des österreichischen Bankwesens, er hat Lichtjahre voraus gedacht." Sein Abgang sei "ein großer Verlust für Österreich".

Durch Randas Ablöse werde "die Lage der HVB sicher nicht besser." Ob der Verkauf an die HVB, der jetzt das nächste Sparpaket blüht, die richtige Entscheidung war? Haiden: "Damals ist man davon ausgegangen."

BA-CA-Verkauf hinterfragt

Auch Franz Vranitzky, der 1997, zum Zeitpunkt der CA-Übernahme durch die BA, Bundeskanzler der Koalitionsregierung war, hinterfragt vor allem den Verkauf der BA-CA an die Deutschen. "Mit der Weisheit des Rückblicks hätte vielleicht auch Randa anders entschieden."

Natürlich stelle sich die Frage, ob es klug war, die größte Bank Österreichs 2001 ans Ausland zu verkaufen, aber "diese Überlegungen haben die Entscheidungsträger damals offenkundig nicht angestellt." (Renate Graber, DER STANDARD Printausgabe, 30.11.2004)