Bild nicht mehr verfügbar.

Präsident Lagos kündigt Entschädigungszahlungen für Tausende von Opfern des Pinochet-Regimes an.

Foto: AP Photo/La Moneda, Alejandro Hoppe
Santiago/Wien - "Nun hat das Schweigen ein Ende", sagte Chiles Präsident Ricardo Lagos am Sonntagabend in einer Fernsehrede, in der er Entschädigungszahlungen für die Folteropfer der Militärdiktatur (1973-1990) ankündigte. Lagos präsentierte den Report einer von Bischof Sergio Valech geleiteten Kommission, die 35.000 Aussagen von Menschen geprüft hatte, die von der Diktatur verfolgt worden waren. 28.000 Aussagen wurden als wahr anerkannt.

Die Kommission dokumentierte die systematische Anwendung von Folterungen (Prügel, Elektroschocks, Abschnüren der Atemluft) an Regimegegnern durch Militär und Polizei. Zwölf Prozent der Fälle betrafen Frauen, die vor allem sexuell missbraucht wurden; 88 Opfer waren Kinder unter zwölf Jahren.

Lagos, Chiles erster sozialistischer Präsident seit 1973, sagte dazu: "Dieser Bericht konfrontiert uns mit einer unentrinnbaren Wahrheit - politische Gefangenschaft und Folter waren eine institutionelle Praxis des Staates, was vollkommen inakzeptabel ist." Und: "Wie kann man solch einen Horror erklären? - Ich weiß es nicht."

Lagos kündigte ein Gesetz an, das laut der Tageszeitung La Tercera allen anerkannten Opfern eine monatliche Entschädigung in der Höhe von eineinhalb Mindestpensionen (112.000 Pesos, das sind 148 Euro) verschaffen soll. Auch Wohnungs- und Krankenbeihilfen für die Opfer sowie die Gründung eines nationalen Instituts für Menschenrechte sind geplant.

Der derzeitige Heereschef, Juan Emilio Cheyre, hatte schon im Vorfeld die Verantwortung des Militärs für Menschenrechtsverletzungen bekannt und verurteilt.

Doch der soeben 89 Jahre alt gewordene Exdiktator Augusto Pinochet, dem noch immer Gerichtsverfahren drohen, schwieg. Sein früherer Sprecher, General Guillermo Garin, behauptete aber gegenüber der britischen BBC: "Die Untersuchung hat nicht erwiesen, dass Menschen wirklich gefoltert worden sind." (DER STANDARD, Printausgabe, 30.11.2004)