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Demonstranten protestieren mit rot bemalten Händen vor dem Parlament

Foto: Reuters/Vera
Spaniens Expremier José María Aznar hatte lange auf eine Gelegenheit zur öffentlichen Rechtfertigung gewartet und den Auftritt vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss gründlich vorbereitet: Entspannt und in alle Richtungen lächelnd betrat er Montag kurz nach neun Uhr früh einen überfüllten Saal im Madrider Parlament.

Der ehemalige Regierungschef, der die Stunden nach den Bombenexplosionen in vier Zügen in Madrid als "die schwierigsten meines Lebens" bezeichnete, sieht sich als Opfer einer Medienkampagne. Diese, von einem der sozialistischen Partei nahe stehenden Radiosender entworfen, habe mittels "Lügen" die öffentliche Meinung in den Stunden zwischen den Attentaten und den Parlamentswahlen vom 14. März manipuliert und zum Wahlsieg der Sozialisten entscheidend beigetragen.

In Anspielung auf die laufenden Untersuchungen zur Rolle zweier spanischer Sprengstoffdealer, die die islamistischen Attentäter mit Dynamit und Know-how zum Bau der Bombenrucksäcke versorgt hatten, sagte Aznar: "Ich glaube nicht, dass die Hintermänner, die das alles geplant und den Zeitpunkt der Explosionen bestimmt haben, in weit entfernten Wüsten oder entlegenen Bergen zu suchen sind." Für Aznar sind trotz der Verhaftung der Bombenleger die Hintergründe der Attacken, die 192 Todesopfer forderten, keineswegs geklärt.

Aznar beharrte auf seiner Theorie von einer Verschwörung zum Sturz der konservativen Regierung, ohne allerdings nähere Beweise vorzulegen. "Es war ihre Absicht, nicht nur Opfer unter der Bevölkerung zu verursachen, sondern den Ausgang der Wahlen umzukehren."

Der seit mehreren Monaten als Gastprofessor an der Universität Georgetown tätige Aznar spekuliert immer noch mit einer Komplizenschaft der baskischen Eta. "Warum ist man nicht bereit, auch die Hinweise auf eine Eta-Beteiligung zu überprüfen?", fragte er mehrmals. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.11.2004)