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Annemarie Moser-Pröll ist leidenschaftliche Jägerin

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Die Leidenschaft von Uschi Titz, Fasan, Ente oder Frischling zu schießen, ist etwas abgekühlt

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Jägerinnen und Jäger

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Die Frauen holen auf - auch auf der Pirsch. In Tirol sind ein Drittel aller Jagdkursbesucher weiblich, doch selbst prominente "Weidfrauen" wie Annemarie Moser-Pröll sollten nicht über die Skepsis männlicher Grünröcke ob dieser Entwicklung hinwegtäuschen.

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Am Anfang stand der Papa, erzählt Jägerin Uschi Titz. Selber ein Berufsschütze, habe er seine Tochter "mit dem Schießen vertraut gemacht". Erste Einführung in die Bedienung eines Flobertgewehrs im Alter von sieben Jahren: "Mein Vater war sehr dominant. Ich glaube, ich wollte ihm immer gleichkommen", sagt die burgenländische ORF-Redakteurin und Hauptschullehrerin, die seit bald zwanzig Jahren einen Jagdschein besitzt.

Das Weidwerk, so betont die 50-Jährige, übe sie derzeit "nur mit guten Freunden und nur mehr eingeschränkt" aus. Im Unterschied zu früher, als sich die "an Jagdtheorie sehr Interessierte" über die Aufsichts- bis zur Revierjägerin hocharbeitete; eine Ausnahmeerscheinung in den männerdominierten, lodengrünen Hierarchien. Bis nach einem Todesfall im Privatbereich "der Bruch" gekommen sei: "Vor zehn Jahren hat sich mir erstmals die Frage gestellt, ob es richtig ist, auf Lebendiges zu schießen."

Aggressionen

Seither könne sie, wenn überhaupt, "nur noch männlich konnotierte Tiere erlegen": Hirsche, Wildschweine, Fasane etwa, während sie etwa Geißen und Kitzen schone: "Ich habe wohl Aggressionen auf das männliche Geschlecht", erklärt Titz dies frei von der Leber weg.

"Wenn das Wild anfängt, mir Leid zu tun, muss aufhören"

Derlei Überlegungen und Skrupel sind Titz' Jägerkollegin Annemarie Moser-Pröll (52) fremd. Mehr noch: "Wenn das Wild anfängt, mir Leid zu tun, muss ich als Jägerin aufhören", meint die sechsfache Skiweltcupsiegerin aus dem Salzburgischen Kleinarl. Sie, die die Pirsch im bergigen Revier nahe ihres Heimatorts auch als "Möglichkeit, körperlich in Bewegung zu bleiben" sieht und "mit Leidenschaft" betreibt, hält sich in Sachen Abschüsse einfach "an den Abschussplan".

Wie bei Titz erwuchs die Entscheidung für die Jagd auch bei der prominenten Salzburgerin familiären Traditionen - Großvater und Vater waren Bauern und Weidmänner: Ein nicht untypisches Jagdmotiv für die rund 8000 weiblichen Jagdkartenbesitzer in Österreich. Häufig - so die Burgenländerin - stehe aber auch "der Wunsch, den Ehemann oder Freund am Wochenende im Revier begleiten zu können" am Beginn weidfraulicher Karrieren.

Viele Jagdschülerinnen

In weiterer Folge entscheide sich dann schon, "ob eine Frau richtig von der Jagdleidenschaft gepackt wird". So, wie sie eine jüngere Frauengeneration in den vergangenen Jahren zunehmend auch ohne männliches Pendant befällt: In Tirol stellen Frauen bei Jagdkursen bereits ein Drittel der Teilnehmer, im deutschen Nordrhein-Westfalen hat der Landesjagdverband seit mehreren Jahren eine eigene Frauenbeauftragte.

Zündstoff "Weidfrauen"

Mit gemischten Gefühlen betrachten g'standene Weidmänner diesen Einbruch in ihr angestammtes Revier. "Ein Großteil der männlichen Kollegen sind der Meinung, dass Frauen auf der Jagd nichts verloren haben", verrät ein auf Anonymität beharrender niederösterreichischer Jäger. Die - im Männerbund - oft lauthalsen Vertreter solcher Ansicht seien oft mit jenen identisch, die Modernisierungen der neun Landesjagdgesetze strikt ablehnten - selbst wenn diese ihrem eigenen Schutz zugute kommen: "Dann heißt's: ,Wozu soll ich mir beim Aufbrechen (Aufschneiden, Zerteilen) des Wildes Gummihandschuhe anziehen? Das hat bisher jahrhundertelang auch keiner gebraucht'." Wie die Naturschutzfrage, so der Jäger, berge auch die Frauenfrage für die Zunft "viel Zündstoff". Die Konflikte würden jedoch unter der Decke gehalten. Während Jägerinnen wie ORF-Generalintendantin Monika Lindner, die Kärntner Jagdkulturbeauftragte und Frau des Landeshauptmanns, Claudia Haider, sowie Post-Generalsekretärin Viktoria Kickinger in der Öffentlichkeit Gleichberechtigung anzeigen.

Weidwerk - kein Broterwerb

Diese "gutgesellschaftliche" Dimension habe der Jagd immer schon innegewohnt, merkt der Wiener Soziologe Roland Girtler an. Im Unterschied zum Wildern, dem zu Ehren er unlängst eine Rezeptsammlung veröffentlicht hat ("Wilderer-Kochbuch - Rezepte von Eva Bodingbauer", Böhlau Verlag) sei das Weidwerk von jeher eine Tätigkeit gewesen, "die man nicht zum Broterwerb ausübt".

Sowie "eine Sache der Männer" - obwohl in höheren Gefilden ja eine Frau über die Jagd wacht. Doch die römische Göttin Diana und ihr griechisches Pendant Artemis boten wirklich alle Tricks auf. Den Konkurrenzgott Orion etwa verwandelten sie in einen Hirsch, sodass sich seine Jagdhunde auf ihn stürzten und ihn lebendigen Leibes zerrissen.(Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 26.11.2004)