Wien - Insgesamt vier Leitanträge werden kommenden Dienstag, am zweiten und letzten Tag des SPÖ-Parteitags im Wiener Austria Center abgestimmt. Die vermutlich ausführlichste Diskussion wird zum Thema Wirtschaft stattfinden, wo die SPÖ erstmals seit mehr als 20 Jahren wieder ein eigenes umfassendes Programm vorlegt. Die weiteren inhaltlichen Schwerpunkte des Parteitags betreffen die Bereiche Bildung, Wohnen und Verkehrsinfrastruktur.

Leitantrag 1 ist gleich der Umfassendste und dreht sich um das Wirtschaftsprogramm. Konkret wird darin eine Verbreiterung der Beitragsgrundlage gefordert, um personenintensive Betriebe zu entlasten, indem nicht mehr einzig die Lohnsumme der unselbstständig Beschäftigten, sondern auch Einkünfte und Gewinne einberechnet werden. Damit könnte etwa die Kommunalsteuer um ein Drittel auf zwei Prozent gesenkt werden. Bei der Körperschaftssteuer (KöSt) tritt die SPÖ zwar für eine Beibehaltung des 25 Prozent-Satzes, jedoch für ein Schließen von Steuerschlupflöchern ein. Die Gruppenbesteuerung will man auf ihre Auswirkungen beobachten - konkret ob sie zu den von der SPÖ befürchteten Steuerausfällen oder zu der von der Regierung erhofften Ansiedelung von Headquarters führt.

Besonders nimmt man sich auch der Klein- und Mittelbetriebe an, für die ein ganzer Unterstützungskatalog ausgearbeitet wurde - von einem neuen Freibetrag für Investitionen über die Wiedereinführung des Entgeltfortzahlungsfonds bis hin zu einer Auffanggesellschaft des Bundes. In der Privatisierungspolitik wird von der ÖIAG verlangt , "einen österreichischen Eigentumskern" an den verbliebenen Großunternehmen der ehemaligen Verstaatlichten zu sichern.

Ein Bekenntnis legt die SPÖ zum Wettbewerb ab, fordert aber gleichzeitig faire Regelungen. So möchte man etwa die Marktmissbrauchs-Aufsicht stärken und die Fusionskontrolle ausbauen. Zumindest angedacht wird von der SPÖ, Familienunternehmen ohne Fremdbeschäftigte eine Ausdehnung der Öffnungszeiten zu erlauben. Die Sonn- und Feiertagsöffnung wird unverändert abgelehnt.

Am Sektor Wohnen - Leitantrag 2 - legt die SPÖ ein Bekenntnis zur Wohnbauförderung ab, die aber mit einer Zweckbindung versehen werden müsste, um eine Zweckentfremdung etwa zur Budgetsanierung zu verhindern. In Sachen gemeinnütziger Wohnbau wird verlangt, unter diesem Titel erbaute Einrichtungen nicht frei zum Verkauf für Private zu machen, um hier Immobilienspekulationen zu vermeiden.

Als Bonus für Mieter wird eine Regelung gewünscht, die den unbefristeten Vertrag zur Regel und die Befristungen zur Ausnahme werden lassen. Die Mietzinsobergrenzen müssten klar und nachvollziehbar geregelt werden, der Wildwuchs an Zuschlägen beseitigt werden, heißt es im Leitantrag. Konkret dürften nach SP-Vorstellungen die Zuschläge die Miete um nicht mehr als 25 Prozent übersteigen. Die Betriebskosten sollen durch die Herausnahme der Grundsteuer und der Versicherungsprämien gesenkt werden. Kautionen sollen mit maximal zwei Bruttomonatsmieten beschränkt werden.

Neues Bildungsmodell

Der Rechtsanspruch auf ein ganztägiges Schulangebot im Grund- und Mittelstufenbereich ist eine der Kernforderungen im SPÖ-Bildungsmodell, das am kommenden Dienstag als Leitantrag 3 beim Parteitag in Wien abgestimmt wird. Die Klassenschülerhöchstzahl soll mittelfristig mit 25 limitiert werden. In der Oberstufe ist die Schaffung eines Modul-Systems angepeilt. Das Wiederholen eines Schuljahres soll nur noch dann erfolgen, wenn es sowohl von Lehrern als auch von Schülern gewünscht wird.

In Sachen Ganztagsschule ist kein Zwang vorgesehen: "Jede/Jeder kann selbst entscheiden, welche Schule sie/er besser findet", heißt es im Leitantrag. Als ersten Schritt verlangt die SPÖ die Schaffung von 100.000 entsprechenden Schulplätzen in den nächsten zehn Jahren, um den Wünschen der Eltern nachzukommen. Das Streitwort Gesamtschule findet sich im Programm zwar nicht, jedoch wird festgehalten, dass der Zeitpunkt für die Wahl der Schullaufbahn mit 10 zu früh ist. Inkludiert in den Leitantrag ist hingegen ein breites Forderungsprogramm zu Gunsten geistig oder körperlich behinderter Kinder. Konkret werden unter anderem klare Rahmenbedingungen für die Integration nach Ende der Pflichtschule eingefordert.

Im Bereich der Kindergärten wird die Grundsatzforderung aufgestellt, jedem Kind die Möglichkeit eines Besuchs einer entsprechenden Einrichtung zu ermöglichen. Weiters soll die Zusammenarbeit mit den örtlichen Volksschulen intensiviert werden und die Gruppengröße mit maximal 20 Kindern festgelegt werden. Bei den Universitäten wünscht sich die SPÖ einen freien Hochschulzugang ohne Gebühren. Die Mitbestimmungsrechte für die Studenten sollen wieder gestärkt werden.

Im Vorfeld des Parteitag etwas weniger beachtet wurde Leitantrag 4, der sich mit der Verkehrsinfrastruktur auseinandersetzt und auf einem Programm ("Wege in die Zukunft") aus dem Jahr 2001 aufsetzt. Gefordert werden unter anderem eine gesetzliche Grundlage für einen Gesamtverkehrswegeplan sowie eine stärkere Vernetzung aller Verkehrsträger. Weiters wird der Ausbau diverser Bahnstrecken (z.B. Semmering-Tunnel) und Autobahnen verlangt.

Im Bereich des Schwerverkehrs tritt die SPÖ für Maßnahmen zur Einschränkung des Transits ein. Zur Absicherung der Straßen-Finanzierung plädiert man dafür, dass die Lkw-Maut (von durchschnittlich 22) auf 29 Cent pro Kilometer angehoben wird. (APA)