Das Leben auf einem Kreuzschiff ist gemütlich. Wenn die See ruhig ist, ist der Whirlpool an Deck voll, und auf den blauen Liegestühlen lungern entspannte Menschen herum. Warum der Fitnessraum trotzdem so beliebt ist, liegt nicht nur an der schönen Aussicht, sondern an der reichlichen Verpflegung.
Eine Reise mit einem Kreuzschiff heißt nämlich vor allem eines: cruisen, und zwar von einem Sechs-Gänge-Menü zum nächsten Buffet (das letzte um Mitternacht am Pool). Auf zwei Passagiere kommt ein Bediensteter, was dazu führt, dass jemand eigens dafür zuständig ist, Brotkrümel diskret vom Tisch verschwinden zu lassen.
1000 Kilo Huhn werden wir nach einer Woche verdrückt haben, 15.000 Stück Eier und 500 Kilo Butter. "Mit zwei bis drei Kilo pro Woche an Mehrgewicht muss man schon rechnen", erklärt Dr. Dean Jovicevic, der Schiffsarzt des italienischen Cruisers MSC Lirica. Der Mann ist ein Doktor, wie man sich ihn wünscht: melancholisch und kunstsinnig. Auch diesmal bleibt ihm viel Zeit zum Lesen. Unsere Reise von Bodrum über die griechischen Inseln Santorin, Mykonos nach Athen und Venedig verläuft ohne Zwischenfälle (bis auf ein paar Magenverstimmungen), aber verglichen mit so manchen Schiffen in den USA sind wir auch rüstig. Zwischen 80 und 100 ist man dort, und von vornherein nicht gerade schlank, erzählt der Arzt. Im äußersten Notfall ist für zwei Tote Platz (tief unten lagern zwei Kühlschränke). Das sind die dunklen Geheimnisse eines Schiffes.
Unser schwimmendes Hotel ist wie ein kleines Hochhaus. Im Hafen von Piräus sehen wir auf die kleinen Autos hinunter und den Menschen in ihre Wohnungen im zehnten Stock. Manchmal vergisst man aber auch einfach, dass man auf See ist, und kommt sich wie in einem gediegenen Hotel im Las Vegas-Stil (natürlich gibt es ein Spielcasino) vor.
Anstrengend können Landgänge werden. Hunderte von Neugierigen fallen wie Heuschrecken über eine kleine Insel her. Und plötzlich liegen vermeintlicher Exklusivurlaub und gewöhnlicher Massentourismus ganz nahe beisammen.
1530 Passagiere fasst die MSC Lirica, aber einsame und menschenleere Orte findet man trotzdem - die Disco mit ihren mintgrünen Stühlen tagsüber. Dort ist die Lirica wie ein Geisterschiff.