Dias sind Unikate und keine Datenhaufen, und um sie zu sehen, brauchen die Menschen nicht das tun, was die meisten von ihnen zwecks Broterwerb ohnehin den ganzen Tag machen, nämlich in den Bildschirm glotzen. Jene, die dem Autor schon in die mit List und Tücke aufgestellte Falle tappten, können davon berichten, wie toll es ist, Sonnenuntergänge (Westküsten) und Sonnenaufgänge (Ostküsten) auf einer zwei mal drei Meter großen Fläche zu betrachten, dazu wird ihnen ein zur jeweiligen Weltgegend passender Wein serviert, und anschließend gibt es für jene, die noch munter sind, ein leckeres und naturgemäß authentisches Papperl.
Die größte Schwierigkeit auf dem Weg zu einem gelungenen Diavortrag besteht nicht im Bereisen der Welt, im Auf-den-Bauch-Legen oder Hinaufkraxeln zwecks exklusiver Perspektive. Am schwierigsten gestaltet sich die Opfersuche, eine Aufgabe, die einen wachsen lässt. Man versteht die Ängste. Selbst setzt man sich als passionierter Motorradfahrer ja auch niemals auf den Sozius.
Contra ---
von Samo Kobenter
Das Grauen, das Grauen. Man hätte die ganze Flasche an sich reißen sollen, als es hieß: Noch einen Grappa zum Kaffee? Oder sich zwischen Dessert und Käse empfehlen, einen plötzlichen Todesfall in der Familie vortäuschend.
Aber jetzt: Verdunkelung! Die Leinwand schnalzt obszön ob ihrer Entfaltung, der Projektor sirrt voller Vorfreude, mit dem tückischen Klicken einer Guillotine en miniature pflückt der automatische Schieber das erste Dia vor die Linse und schneidet unseren Lebensfaden ab. Klick: Hausherr auf Rhodos. Klick: Hausfrau auf Rhodos. Klick: Hausherr auf Hausfrau auf Rhodos. Und so fort bis weit über das rasch erreichte Ende des Verstandes. Alle Schamgrenzen fallen, jeder Anstand ist aufgehoben, ganz zu schweigen vom sittlichen Minimalabstand, den zivilisierte Völker einzuhalten pflegen. Auch sehr schön, auch sehr heiß.