Brüssel - Die Finanzminister der Eurozone haben sich besorgt über die starken Ausschläge des schwachen Dollars geäußert und setzen auf ein Handeln der US-Regierung. "Scharfe Kursbewegungen sind das Schlimmste, was passieren kann", sagte der niederländische Euro-Gruppen-Vorsitzende Gerrit Zalm nach mehr als vierstündigen Beratungen der Minister in der Nacht auf Dienstag. Erfreut zeigte sich die Euro-Gruppe dagegen über die auch durch den starken Euro abgemilderten Ölpreise. EU-Währungskommissar Joaquin Almunia kündigte an, im Defizitskandal um Griechenland ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Land vorschlagen zu wollen.

"Schnelle und destabilisierende Entwicklungen der Währungen"

Zalm sagte, eine Politik des starken Dollars der USA könnte hilfreich sein. Forderungen an die Europäische Zentralbank gebe es aber nicht. Frankreichs Finanzminister Nicolas Sarkozy sagte, die Minister seien sich einig in ihrer Sorge über "die schnellen und destabilisierenden Entwicklungen der Währungen", die der US-Politik zuzuschreiben sei.

EU-Währungskommissar Joaquin Almunia hatte die USA bereits vor dem Treffen aufgefordert, ihrer verbalen Politik des starken Dollar Taten folgen zu lassen. Er reagierte damit auf das jüngste Bekenntnis von US-Finanzminister John Snow, der US-Regierung sei an einer starken Währung gelegen. "Ich begrüße vollkommen die Worte von Herrn Snow, der sich einen starken Dollar wünscht - aber wir brauchen die Annahme von Entscheidungen in dieser Richtung." Auch Almunia äußerte sich besorgt über den jüngsten Höhenflug des Euro, der vergangene Woche mit mehr als 1,30 Dollar ein neues Allzeithoch erreicht hatte. "Es ist für niemanden gut, diese Art von Kursbewegung zu haben."

Dollar verliert

Der Dollar verliere auch gegenüber anderen wichtigen Währungen an Wert, sagte Sarkozy und schrieb dies den hohen US-Defiziten zu. Es liege an den Amerikanern, ihre Politik zu ändern, sagte er und verwies auf die Erklärung der G7-Finanzminister von Boca Raton im Februar. Die sieben führenden Industrienationen hatten damals vor übertriebenen Schwankungen der Wechselkurse gewarnt, weil diese dem Wachstum nicht förderlich seien.

Die Minister begrüßten den Rückgang der Ölpreise und schlossen kurzfristige Erleichterungen für sozial schwache Bevölkerungsschichten nicht aus. Diese dürften aber nicht zu nationalen Alleingängen führen. Almunia mahnte, Hilfen für einzelne Branchen seien nicht gerechtfertigt. Die Minister setzten sich für einen Dialog mit den Öl produzierenden Ländern ein und befürworten die Förderung alternativer Energiequellen.

Almunia sagte, er bereite ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland wegen der frisierten Defizitzahlen 1997 bis 2003 vor. Er werde auch vorschlagen, das bereits im Sommer eingeleitete EU-Defizitstrafverfahren gegen Athen wegen des überhöhten Defizits zu verschärfen. Zugleich bestätigte Almunia, dass die Neuverschuldung des Landes von 1997 bis 2003 kontinuierlich bei über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gelegen habe. Damit hätte Griechenland der Eurozone eigentlich nicht beitreten dürfen. Ungeachtet seiner Defizitsünden droht Griechenland aber kein Ausschluss aus der Eurozone. Die Aufnahme des Landes in die Eurozone werde "auch heute nicht in Frage gestellt", betonte Almunia.

Die Minister diskutierten zudem über die Lockerung des Euro-Stabilitätspaktes. Dabei kam es zu Meinungsverschiedenheiten. "Wir sollten nicht zu viele Änderungen machen", sagte Zalm. Deutschland fordert in der Debatte, bei der Beurteilung eines Defizitfalls auch die Nettozahlungen des jeweiligen Landes in Anschlag zu bringen.

Finanzminister Karl Heinz Grasser hatte bereits vor dem Treffen der Minister in Brüssel erklärt, er wolle keine Sonderausgaben der EU-Staaten bei der Haushaltsberechnung aus dem Euro-Stabilitätspakt ausklammern. Vor allem den deutschen Vorstoß zur Ausnahme der EU-Nettozahlungen lehnte Grasser ab. "Ich kann es mir nicht vorstellen, weil Selbstbetrug und Rechnungen, die mit den Tatsachen nichts zu tun haben, eigentlich nicht das Interesse von Finanzministern sein können, die an Solidität und Seriosität interessiert sind."

Grasser sagte, er sei "grundsätzlich dagegen, dass Ausgabenkategorien herausgerechnet werden." Alle Ausgaben sollten entsprechend ins Defizit einbezogen werden. "Sie können davon ausgehen, dass Österreich weiterhin eine Position vertritt, die heißt: Es muss einen starken, soliden und effektiv umsetzbaren Stabilitäts- und Wachstumspakt geben ... Bis jetzt war nicht der Pakt, sondern die Politik schlecht. Einige Länder müssen eben ihre Finanzpolitik deutlich verbessern", so Grasser. (APA/Reuters/dpa/AP)