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Links: SP-Geschäftsführer Norbert Darabos, Rechts: VP-Generalsekretär Reinhold Lopatka.

Foto: APA/Montage: DerStandard.at
"Stay on your message": Sowohl SPÖ als auch ÖVP haben genau den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf studiert und wollen daraus ihre Lehren ziehen. Es gelte, die Botschaften klar und einfach zu halten. Auch bei Organisation und Strategie des Wahlkampfes könne man sich einiges abschauen. Interessant sind das System der Spendenwerbung, die punktgenaue Erforschung der Wählererwartung und die Struktur der Unterstützungskomitees.

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SPÖ: USA nur bedingt beispielhaft

Nur bedingt kann man sich aus dem US-Wahlkampf etwas für Wahlen in Österreich abschauen, glaubt SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos. Er war zehn Tage bei den Conventions der Demokraten in Boston, um sich Strategien und Organisation ihrer Wahlwerbung genauer anzuschauen. Beeindruckend sei das offensive System der Spendenwerbung, das sich nach Darabos' Ansicht früher oder später auch in Europa durchsetzen werde, wenn auch in abgemilderter Form: "Da wird über das Internet ein Schneeballeffekt erzeugt, der einmal deklarierte Spendenwillige immer wieder aufruft - sehr lästig, aber sehr effizient."

In den Spendennetzwerken herrscht eine einfache Hierarchie: Je mehr man gibt, umso höher steht man und wird mit kleinen Aufmerksamkeiten wie einem Sitzplatz in vorderster Reihe bei Veranstaltungen mit dem Kandidaten belohnt oder mit ihm ins rechte TV-Bild gerückt.

Allein die Dimensionen einer größeren Wahlveranstaltung seien mit europäischen Verhältnissen nicht zu vergleichen: "Die Woche in Boston hat die Demokraten, mit allem Drum und Dran in den TV-Stationen, 100 Millionen Dollar gekostet."

Was man sehr wohl mitnehmen könne, seien einige strategische Richtlinien, meint Darabos. "Stay on the message", also das Beharren auf einer Hauptbotschaft, sei eine, die professionelle Bedienung segmentierter Wählerschichten eine andere: "Nicht weit gestreute Umfragen, sondern gezielte Fokusbefragungen bestimmter Wählerschichten lassen ein tief greifendes und genaueres Erwartungsprofil entstehen, das entsprechend bedient werden kann."

Bis zu einem gewissen Grad habe die ÖVP bereits im letzten Wahlkampf mit ausgeprägter Zielgruppenorientierung gearbeitet, indem sie etwa über ihre Jägerlobby massiv Stimmung gegen Rot- Grün gemacht habe.

Auch der Schmutzkübelwahlkampf, den die Bush- Administration von Anfang an mit großer Härte gegen Kerry eingesetzt habe, wird in Europa immer moderner, meint Darabos. "Beim letzten Mal hat die ÖVP mit ihrer unterschwelligen Panikmache, Stichwort Homo-Ehe und Haschtrafiken, schon einiges vorgelegt. Ich glaube, darauf können wir uns auch beim nächsten Mal einstellen."

ÖVP: 15-köpfige Delegation in den USA

Die ÖVP rückte gleich mit einer 15-köpfigen Delegation über den großen Teich aus - beim ersten Mal besuchte Generalsekretär Reinhold Lopatka den Parteitag der Demokraten alleine, die Woche der Wahl verbrachte er mit ausgesuchten Mitarbeitern zur Gänze "drüben" - sowohl bei Demokraten wie auch den Republikanern.

"Wie die Kampagnenteams es schaffen, die Wahl zur persönlichen Frage für jeden einzelnen zu machen, zu emotionalisieren, ist schon beeindruckend", meint Lopatka.

Genau hat er auch die Mobilisierungsstrategie der Konservativen studiert. "Die Möglichkeiten sind in den USA natürlich völlig andere: Dort gibt es kommerzielle Firmen, die den Parteien Datenmaterial verkaufen, anhand dessen man Straßenzüge und Stadtviertel als demokratisch oder republikanisch zuordnen kann - und so genau weiß, wo man walkampftechnisch noch investieren muss."

Das ist einerseits beängstigend, weil es dem gläsernen Wähler gefährlich nahe kommt. Für Wahlstrategen ist es natürlich verlockend. Das "Targeting", also die gezielte Wahlwerbung, ist um einiges leichter. In den Präsidentschaftswahlkampf hatte die ÖVP bereits einige amerikanische Elemente integriert: Per SMS verschickte sie Wahlaufforderungen an eine Gruppe jüngerer Menschen, deren Daten sie zuvor von der Agentur SevenOneMedia gekauft hatte. Ähnlich wie in Amerika waren auch die "Wir für Benita"-Komitees organisiert. Dort übernehmen Ad-hoc-Strukturen längst die Rolle klassischer Parteiapparate.

Was Lopatka der US-Wahlkampf einmal mehr vor Augen führte, war die Wichtigkeit einer einfachen Grundbotschaft. "Die Regel ,Keep ist simple and stupid' gilt immer. Und das ,Stay on your message', also bei seiner Botschaft bleiben. Kerry hat den Fehler gemacht, zickzack zu fahren, ,Flip-Flop' nennen das die amerikanischen Strategen."

Was Lopatka nicht sagt: Schon heute wendet die ÖVP dieselbe Strategie gegenüber der SPÖ an: Gusenbauer wird als wankelmütig und nicht paktfähig dargestellt, Schüssel als Mann mit Führungsstärke, der "Kurs hält".

Lopatka weiß auch, was er aus der US-Wahlkampfmaschinerie importieren würde. "Steven Spielberg für meinen nächsten Wahlkampfspot." (DER STANDARD, Printausgabe, 15.11.2004)