Washington/Paris/Jerusalem/Bern - US-Präsident George W. Bush und der französische Staatspräsident Jacques Chirac haben am Donnerstag dem palästinensischen Volk zum Tod seines Führers Yisser Arafat kondoliert. Der Tod des 75-Jährigen sei ein bedeutsamer Augenblick für die Palästinenser und deren Streben nach Frieden und einem unabhängigen Staat, der mit seinen Nachbarn in Frieden lebe, erklärte Bush in Washington.

"Während der bevorstehenden Übergangszeit rufen wir alle Menschen in der Region und die ganze Welt dazu auf, dabei zu helfen, dass Fortschritte auf dem Weg zu diesen Zielen und zum höchsten Ziel des Friedens gemacht werden können."

Chirac: "Mann der Überzeugung"

Chirac würdigte die Leistungen Arafats. "Mit ihm verschwindet ein Mann des Mutes und der Überzeugung, der 40 Jahre lang den Kampf des palästinensischen Volkes um Anerkennung seiner nationalen Rechte verkörpert hat", erklärte Chirac am Donnerstag in der Früh. Frankreich werde sich weiterhin für einen unabhängigen palästinensischen Staat an der Seite Israels einsetzen. "Möge der eben erlittene Verlust die Palästinenser einen", hieß es in der Erklärung weiter.

Clinton: Arafat beging 2000 einen "kolossalen Fehler"

Der frühere US-Präsident Bill Clinton hat dem verstorbenen palästinensischen Präsidenten Yassir Arafat den "kolossalen Fehler" zur Last gelegt, vor vier Jahren ein Friedensabkommen mit Israel verweigert zu haben. Arafat habe bei den unter US-Vermittlung geführten Marathon-Verhandlungen in Camp David mit Israels Premier Ehud Barak "die Gelegenheit verpasst", die Gründung eines Palästinenserstaates zu vereinbaren, erklärte Clinton am Donnerstag nach dem Tod Arafats.

Blair würdigt palästinensisches Symbol

Der britische Premierminister Tony Blair hat den verstorbenen palästinensischen Präsidenten Yassir Arafat als Symbol der nationalen palästinensischen Bewegung gewürdigt. "Er führte sein Volk zu historischer Anerkennung", erklärte Blair nach Angaben einer Sprecherin am Donnerstag in London. "Das Ziel eines lebensfähigen palästinensischen Staates an der Seite eines sicheren Israel ist ein Ziel, an dem wir weiter unermüdlich arbeiten müssen." Die internationale Gemeinschaft müsse dem Frieden im Nahen Osten höchste Priorität einräumen, erklärte Blair.

Putin: "Schwerer Verlust"

Der russische Staatspräsident Wladimir Putin bedauerte den Arafats Tod als "schweren Verlust für das palästinensische Volk". Putin sprach der Palästinenserführung am Donnerstag sein Beileid aus, wie eine Kreml-Sprecherin in Moskau mitteilte.

Dänemark hofft auf "äußerste Anstrengungen"

Die dänische Regierung hofft nach dem Tod Arafats auf "äußerste Anstrengungen" der israelischen und palästinensischen Seite zu neuen Friedensverhandlungen. In einer am Donnerstag in Kopenhagen veröffentlichten Erklärung des Außenministeriums hieß es: "Arafats politische Linie ist zeitweise problematisch gewesen. Aber seine Bedeutung als Symbol für den Kampf des palästinensischen Volkes um einen eigenen Staat kann kaum überschätzt werden".

Australien: Chance auf Frieden versäumt

Arafat habe zu Lebzeiten die Chance auf Frieden versäumt, sagte der australische Regierungschef John Howard am Donnerstag im Rundfunk. Arafat habe vor vier Jahren nicht die Gelegenheit ergriffen, auf das Angebot eines Abkommens mit dem damaligen israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak einzugehen. Auch hätte er mehr unternehmen können, um den Terrorismus in den palästinensischen Gebieten einzudämmen, sagte Howard.

Annan pocht auf Selbstbestimmungsrecht

UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat in einer ersten Reaktion auf den Tod des Präsidenten Yassir Arafat das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung hervorgehoben. Israelis und Palästinenser sowie "die Freunde beider Völker rund um die Welt" sollten nun "noch größere Anstrengungen unternehmen, um die friedliche Verwirklichung des Rechts der Palästinenser auf Selbstbestimmung" zu verwirklichen, erklärte Annan in New York. Er bezeichnete Arafat als einen der wenigen Politiker, der von den Menschen auf der ganzen Welt auf Anhieb erkannt werden konnte.

EU sichert Palästinensern fortgesetzte Unterstützung zu

Die Europäische Union hat den Einsatz des am Donnerstag verstorbenen Präsidenten Yassir Arafat für die palästinensische Sache gewürdigt. Das palästinensische Volk habe mit dem Tod seines Präsidenten einen historischen Führer verloren, erklärte der niederländische Außenminister Bernard Bot, dessen Land derzeit den EU-Vorsitz führt. Er rief die Palästinenser zu Geschlossenheit auf und sicherte ihnen anhaltende Unterstützung der EU im Bemühen um Frieden im Nahen Osten zu. Die EU ist der mit Abstand wichtigste Geldgeber der palästinensischen Selbstverwaltung.

Die EU-Kommission hatte am Mittwoch erklärt, dass Arafats Vermögen nicht auf einem Missbrauch europäischer Hilfsgelder basiere. Im vergangenen Juli hatte die Europäische Union ein Einfrieren ihrer Palästina-Hilfen abgelehnt.

Die 25 EU-Mitglieder hatten in der UNO-Vollversammlung geschlossen für die Resolution gestimmt, die Israel zur Beseitigung seiner vom Internationalen Gerichtshof (IGH) für völkerrechtswidrig erklärten Sperranlage im Westjordanland aufruft. Der französische Außenminister Michel Barnier hatte als letzter EU-Außenminister Präsident Arafat in Ramallah besucht.

Deutschland: Geordneter Machtübergang notwendig

Der deutsche Außenminister Joschka Fischer erklärte, das Leben Präsident Arafats stehe für die wechselvolle und tragische Geschichte des palästinensischen Volkes und des Nahen Osten insgesamt. Die deutsche Bundesregierung wünsche dem palästinensischen Volk die Kraft, seinen Weg zu einem souveränen, unabhängigen und demokratischen Staat weiter zu gehen, der friedlich und in anerkannten Grenzen Seite an Seite mit Israel lebe. "Jetzt muss alles getan werden, um einen geordneten Machtübergang zu erreichen", erklärte Fischer am Donnerstagmorgen. "Von zentraler Bedeutung ist dabei eine durch baldige Wahlen legitimierte Führung, die einer gerechten Friedenslösung verpflichtet bleibt."

Staatstrauer in Nordkorea

Die nordkoreanische Regierung ordnete am Donnerstag eine dreitägige Staatstrauer an, wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA bekannt gab. Zu Ehren des "engen Freundes des nordkoreanischen Volkes" würden die Flaggen landesweit auf Halbmast gesetzt. Die Staatsagentur erinnerte daran, dass Arafat seit 1981 sechs Mal in Nordkorea gewesen sei und den Ehrentitel eines "Helden der Demokratischen Volksrepublik Korea" trug.

Castro in "tiefer Trauer"

Auch der kubanische Staatschef Fidel Castro zollte dem Verstorbenen Tribut. Arafats Tod stelle eine "schlimmen Schlag für die fortschrittlichen Bewegungen weltweit" dar, hieß es in einer im Fernsehen verlesenen Erklärung. Er habe die Nachricht mit "tiefer Trauer" aufgenommen und sage dem palästinensischen Volk seine "volle Unterstützung für seinen gerechten Kampf" zu.

UNO ehrt Arafat mit Trauerfeier

Die Vereinten Nationen haben dem palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat am Donnerstag bei einer Trauerkundgebung ihrer 191 Staaten umfassenden Vollversammlung ihren Respekt erwiesen. Die Staatenvertreter erhoben sich zu Beginn einer Sondersitzung zu einer Schweigeminute. Die Weltorganisation werde Arafat stets dafür in Erinnerung behalten, dass er die Palästinenser 1988 zur Anerkennung des Prinzips der friedlichen Koexistenz zwischen Israel und einem künftigen palästinensischen Staaten führte, sagte UN-Generalsekretär Kofi Annan bei der Zeremonie.

Fischer: Unterstützung für "politisches Erbe"

Bundespräsident Heinz Fischer hat den verstorbenen palästinensischen Päsidenten Yassir Arafat für dessen lebenslanges Streben nach einem unabhängigen palästinensischen Staat gewürdigt und die Unterstützung Österreichs für die Erfüllung von "Arafats politischem Erbe" bekräftigt. Fischer bekundete am Donnerstag dem palästinensischen Parlamentspräsidenten Rawhi Fattuh telegrafisch sein Beileid zum Tod Arafats und erklärte darin, dieser "repräsentierte mehr als jeder andere das Streben des palästinensischen Volkes nach Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit und widmete sein ganzes Leben diesem wichtigen Ziel, ohne persönliche Opfer und Mühen zu scheuen".

Yassir Arafats persönliche Leistungen würden in der Verleihung des Friedensnobelpreises 1994 an ihn und seine damaligen "Friedenspartner", den israelischen Premier Yitzhak Rabin und seinen Außenminister Shimon Peres, widergespiegelt, meinte Fischer, "und letztendlich in seiner Wahl zum Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde". "Ich bin stolz darauf, dass Präsident Arafat Österreich als Land betrachtete, das dem palästinensischen Volk in Freundschaft verbunden ist", meinte Fischer und erinnerte im Besonderen an die ausgezeichneten Beziehungen zwischen Arafat und dem früheren österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky. "Österreich wird weiterhin alle Bemühungen seiner Nachfolger unterstützen, sein politisches Erbe zu erfüllen", bekräftigte der Bundespräsident: "den unermüdlichen Kampf für einen palästinensischen Staat im Rahmen einer friedlichen und dauerhaften Lösung im Nahen Osten."

Gorbach vertritt Österreich

Vizekanzler Hubert Gorbach (F) wird die österreichische Bundesregierung bei den offiziellen Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen palästinensischen Präsidenten in Kairo vertreten. Das wurde am Donnerstag vom Büro des Vizekanzlers und Infrastrukturministers mitgeteilt. Das Außenministerium bestätigte dies. (APA/AP)