Schieben und Werfen, immer mit Anstand: Richard Gere und Jennifer Lopez bewegen sich in Peter Chelsoms "Darf ich bitten?" im Dreivierteltakt.

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Richard Gere findet in Peter Chelsoms romantischer US-Komödie "Darf ich bitten? / Shall We Dance?" in einer altmodischen Tanzschule ein wenig Überschuss - und Jennifer Lopez.


Wien - Männer in mittlerem Alter beginnen aus verschiedenen Gründen zu tanzen. Manche werden von der Gattin genötigt, andere wollen den Latin Lover in sich entdecken. John Clark meldet sich bei Mitzi's Tanzschule in Chicago für einen Anfängerkurs an. Sein Leben ist perfekt, mit Frau und Kindern und Beruf und Eigenheim. Es fehlt nur der Funke, das gewisse Etwas, vielleicht sogar das Gran Melancholie, das er eines Tages im Gesicht einer jungen Frau sieht. Es ist Paulina, die Aushilfslehrerin bei Mitzi's.

Im Wesentlichen spielt die romantische Komödie Darf ich bitten?/Shall We Dance? von Peter Chelsom, die auf einem sehr populären japanischen Film gleichen Titels beruht, in diesem betont altmodischen Institut. John Clark (Richard Gere) gewöhnt sich langsam an Walzer und Rumba, und auch an die Leute, die bei Mitzi's verkehren: eine bodenständige Blondine (Lisa Ann Walter), einsame Männer auf Brautschau. Sogar Link (Stanley Tucci) ist da, ein Kollege, der heimlich schon ein Latin Lover ist, dies aber noch unter Perücken versteckt, die er bei der Rockband Kiss entwendet haben könnte.

Bei all dem Schieben und Werfen bleibt John anständig, und er schwitzt auch wohl riechend. Aber weil er seiner Frau Beverly (Susan Sarandon) nach dem ersten Abend nichts gesagt hat, schweigt er auch danach, und bald sieht alles nach einer Affäre aus. Im japanischen Original entstand aus dieser Konstellation eine schöne Begegnung zwischen zwei gar nicht so unterschiedlichen Welten: dem Alltag, in dem viel Inspiration den perfekten Abläufen geopfert wird, und dem Tanz, in dem perfekte Abläufe aus Inspiration entstehen.

Peter Chelsom therapiert hingegen ein sehr westliches Luxusproblem: Niemand singt mehr im Regen. Fred Astaire ist lange tot. Und Quickstep halten die meisten Menschen für eine Software. Dem gut situierten Leben fehlt jener Überschuss, den das Altmodische hatte. Der Walzer ist eine im Barrique ausgebaute Zweisamkeit. Der Tanz ist in Darf ich bitten? nicht das zur Kenntlichkeit entstellte Leben, wie in Japan, sondern ein Lifting für das lasche Glück der Vollkommenheit.

Paulina (Jennifer Lopez) ist die einzige Kraft, die sich dem widersetzt. Sie ist am Anfang ein wenig unglücklich, weil sie ihren Partner auf dem Parkett verloren hat. In dem voll austrainierten Körper von J. Lo. steckt ein Antonio Gades, nicht aber das Sehnsuchtsmädchen, zu dem John Clark zu Beginn hinaufgeschaut hat. Es geht deswegen auch nicht um Sex, sondern um (heftige) Sublimierung.

Blass und verbissen

Als US-Remake eines japanischen Erfolgsfilms muss sich Darf ich bitten? ausdifferenzieren. HipHop und Shopping spielen eine Rolle. Weil Richard Gere ein wenig blass bleibt und Jennifer Lopez zu verbissen ist, übernehmen die Nebenfiguren das Kommando. Sie kommen jedoch durchwegs aus einer Sitcom- und Serienwelt, die uns mit den kleinen Nöten und zu klein gewordenen Kleidungsstücken vertraut gemacht hat.

Darf ich bitten? gehorcht der Logik vieler neuerer Hollywoodfilme. Er ist im Zentrum ein wenig bieder und erwacht erst an den Rändern zum Leben. Nicht empfehlenswert ist, sich das japanische Original anzusehen - sonst wird nämlich klar, dass hier eine schöne Idee so sehr dem amerikanischen Ideal von der kulturell expandierenden Persönlichkeit angepasst wurde, dass der ursprüngliche Reiz verloren ging. (DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.11.2004)