Ein Gutes hat es, wenn man die erste von 200 Folgen

der "Telenovela" Bianca gesehen hat: Die nächsten 199 kann man sich getrost sparen. Die Handlungsstränge sind gelegt und mittels Weichzeichner fest ins Drehbuch gemeißelt. Sanfter reicher Mann trifft süßes armes Mädchen; sie liebt ihn, er liebt sie, rundum Intrigen und Gemeinheiten. Dazu er, der sie zunächst im Glauben lässt, ein Habenichts zu sein.

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Irgendwann rückt er sanft und lieb,

Irgendwann rückt er sanft und lieb, wie es seine Art ist, mit der Wahrheit raus. Sie wendet sich entsetzt ab, sagt: "Nein!", meint natürlich: "Kann nicht von ihm lassen - und ach!" Nebenbei bemerkt war das in 15 Zeilen die Handlung von vier Folgen.

Den sozialen Aufstieg schafft die blonde Knastschwester (drei Jahre, unschuldig natürlich) sicher. Wenn auch nur durch ihn: von der Küche des Gutshofs in die Betten des Herrn Jungchef und schließlich vor den Traualtar.

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Der Einwand sei erlaubt:

Wenn dergleichen in Brasilien oder Mexiko gezeigt wird, wo man sich das Verdienst auf die Brust schreiben darf, Machismo erfunden zu haben, wundert man sich. In unseren Breiten sollte ein solches Wertesystem vielleicht nicht unbedingt eins zu eins übernommen werden.

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Den Stoff, aus dem Schundliteratur gemacht ist,

... ins Fernsehen zu übertragen war keine gute Idee.

Deshalb: Aufwachen, lieber ORF! Hier werden, falls das noch nicht bemerkt wurde, überkommene Ideale transportiert. Zudem, so könnte man meinen, ist das Zielpublikum mit Pilcher-Schmonzetten bereits bestens bedient. (prie/DER STANDARD; Printausgabe, 3.11.2004)

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