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Bild: APA/Uwe Zucchi

Die Schule selektiert Kinder nach dem Einkommen der Eltern - zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung im Auftrag von AK und ÖGB. Untersucht wurde der Anteil der Kinder je nach Einkommen der Eltern an der Schnittstelle von der vierten Klasse Volksschule zur ersten Klasse Mittelstufe, an der Schnittstelle von der vierten Klasse Mittelstufe zu weiter führenden Ausbildungen und an der Schnittstelle von der Matura zum Studium. Die Ergebnisse der Studie:

Mit wenig Einkommen in die Hauptschule

Je weniger die Eltern verdienen, desto eher wechseln ihre Kinder nach der vierten Klasse Volksschule nicht in die AHS-Unterstufe, sondern in die Hauptschule. Beispiel Kinder von Wenigverdienern: Ihr Anteil an den SchülerInnen beträgt in der ersten Klasse AHS 27 Prozent, in der ersten Klasse Hauptschule aber 45 Prozent – nach 33 Prozent in der vierten Klasse Volksschule.

Zweite Chance nicht für alle

Zum Teil können Kinder von Wenig-Verdienern Nachteile aus der Unterstufe in der Oberstufe noch einmal wettmachen. Immerhin beträgt ihr Anteil an den SchülerInnen in der ersten Klasse der berufsbildenden höheren Schulen (mit Matura) 32 Prozent – freilich nach 42 Prozent in der vierten Klasse Hauptschule. In der fünften Klasse AHS sinkt der Anteil von Kinder von Wenig-Verdienern sogar auf 19 Prozent. Und verhältnismäßig viele Kinder von Wenig-Verdienern machen Ausbildungen ohne Matura (berufsbildende mittlere Schule, polytechnische Schule, Lehre).

Besserverdiener im Vorteil

Auch nach der Matura wirken sich die Einkommensunterschiede aus: Der Anteil der Kinder von Wenig-Verdienern an den Studierenden beträgt nur 27 Prozent – umgekehrt sind 43 Prozent der Studierenden Kinder von Besserverdienern. Gleichzeitig zeigt sich, wie wichtig berufsbildende höhere Schulen als zweite Chance für Kinder von Wenig-Verdienern sind: Wenn sie nach der Hauptschule den Übertritt in eine berufsbildende höhere Schule schaffen, halten sie auch durch. Im Vergleich zur ersten Klasse steigt ihr Anteil an den MaturantInnen sogar. Freilich orientieren sie sich dann stärker auf sofortigen Berufseinstieg, zeigt ihr niedrigerer Anteil an den Studierenden.

Schlechtere Chancen – nicht schlechtere Leistung

An den Leistungen der Kinder in der Schule liegt es nicht, wenn Kinder von Wenig-Verdienern nach der Volksschule häufiger in die Hauptschule gehen und danach eher in eine mittlere berufsbildende Schule, in die polytechnische Schule und in die Lehre. Im Schnitt hat ein Drittel (31,5 Prozent) der Kinder in der Hauptschule AHS-Reife, in der ersten Klasse Hauptschule sogar fast zwei Fünftel (37 Prozent). Für Wenig-Verdiener sind bei der Wahl der Schule für ihr Kind die Kosten des Schulbesuchs und die Erreich-barkeit der Schule ausschlaggebend, zeigt die Studie – ein Problem vor allem im ländlichen Raum. Auch Platzmangel an der nächsten AHS spielt eine Rolle.

Hohe Kosten

Die Kosten des Schulbesuchs sind für Eltern enorm. Für die Oberstufe geben die Eltern laut Erhebung der AK für allgemeine und schulspezifische Materialien, Selbstbehalte und durchschnittliche Ausstattung in der AHS durchschnittlich 524 Euro pro Schuljahr aus und in den berufsbildenden Schulen durchschittlich 516 Euro pro Schuljahr. Dazu kommen noch 1.200 Euro pro Jahr für Verpflegung während des Schultags und im Durch-schnitt 558 Euro pro Jahr für Nachhilfe. Das macht in Summe fast 2.300 Euro pro Schulkind und Jahr – für Wenig-Verdiener ist das nur schwer leistbar.

Nachteile durch frühe Trennung

Im internationalen Vergleich erbringt das österreichische Schulsystem nur eine mittelmäßige Gesamtleistung bei riesigen Leistungsunterschieden – und gleich 7.000 Jugendliche, 7,4 Prozent eines Jahrgangs, machen nach Ende der Pflichtschule überhaupt keine weitere Ausbildung mehr, ergibt die Schulleistungsvergleichsstudie PISA der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD). Das liegt vor allem daran, dass die Kinder bereits im 10. Lebensjahr auf Hauptschule und AHS-Unterstufe aufgeteilt werden.

Testsieger Finnland

Besser schneiden in der PISA-Studie jene Länder ab, die auf eine breite Beteiligung an Bildungsgängen mit höheren Abschlüssen achten. Gute Beispiele für die Verbindung von Chancengleichheit und hohem Leistungsniveau sind Länder wie Finnland, Japan, Kanada, Korea und Schweden, die Testsieger in der PISA-Studie. Dort gelingt es besser als in Österreich, im Schulsystem die Herkunft der Kinder aus unterschiedlichen Elternhäusern auszugleichen – das Elternhaus hat hier einen wesentlich geringeren Einfluss auf das Leistungsprofil der SchülerInnen als in Österreich. „Bei diesen Erkenntnissen müssen wir ansetzen, wenn wir mehr Chancengleichheit in der österreichischen Schule wollen“, so Tumpel und Verzetnitsch. (apa/az)