Andrea Scheichl

vom Österreichischen Patentamt

Für allerlei Krimskrams wie Büroklammern, Visitkarten und so weiter brauche ich diese Aufbewahrungsbox. Ich produziere solche Objekte selbst. Sie sind aus Gips und Pappmaschee, und je nach Tagesverfassung werden die Tiere oben drauf grantig, kapriziös oder niedlich. Ihre Grundform ist rund und wird damit landläufig als weiblich interpretiert, allerdings symbolisiert ihre Oberfläche, dass Frauen sehr wohl auch Kanten und Ecken haben. Als weiblich empfinde ich auch die Farbe des Gegenstands. Es ist zwar kein Zuckerlrosa, das noch immer gern für weiblichen Nachwuchs steht, es ist aber auch kein Ferrarirot, das angeblich Männlichkeit ausstrahlt.

Aleksandra Pawloff

Die Krone setzt der Box ein Tier mit weiblichen Formen auf. Sein Gesichtsausdruck symbolisiert für mich das Leid der Frauen, wenn sie als Ordnungshüter herhalten müssen. Wer sonst als Mütter, Ehefrauen und Freundinnen werden so häufig gefragt: "Weißt du, wo meine Socken, Krawatten, Autopapiere und weiß Gott was sind?" Egal, ob sie diese Dinge jemals in der Hand hatten. Es scheint ein weiblicher Wesenszug zu sein, zumindest zu versuchen, Ordnung zu halten. Gleichzeitig machen sich die Männer gern über den Inhalt von Handtaschen lustig. Und im nächsten Moment fragen sie, ob man vielleicht ihr Handy oder ihren Schlüssel einstecken könnte. In diesem Sinne sehe ich als Frau also durchaus gewisse Parallelen mit dieser Box.

Aleksandra Pawloff

Christian Witt-Dörring

Leiter der Sammlung Möbel im MAK

Ich hab diesen Armlehnsessel auf dem Sperrmüll gefunden. Das anonyme Stück muss so um 1940 entstanden sein. Ich hab's als Dokument in die Sammlung genommen, weil es ein typisches Möbel für diese Zeit ist. Fasziniert daran hat mich die Asexualität des Stücks aus einer Epoche, in der alles auf den kleinsten, gemeinsamen Nenner gedrückt wurde. Dadurch verliert das Stück auch seinen Sexappeal. Das fängt bei der braunen Farbe an. Dieses Möbel entwickelt einfach keine subjektive Ausstrahlung, also, ich möcht mit diesem Stück nicht leben müssen. Wenn ich etwas ablehne, das klingt jetzt zwar banal, benutze ich oft das Wort asexuell. Typisch männliche oder weibliche Möbel gibt's schon, vor allem im Historismus.

Aleksandra Pawloff

Ein männlicher Stil ist zum Beispiel die Renaissance, ein weiblicher das Rokoko. Die einen Stücke sind dunkel, also braun oder schwarz, die anderen weiß, golden. Farbe spielt da eine große Rolle. Das ganze Thema ist Teil einer Reflexion. Man fragt sich zum Beispiel: "Wer richtet eine Wohnung ein, ein Mann oder eine Frau?" oder "Wann spielt die Hausfrau eine Rolle?" Interessant ist auch, dass in Zeiten des Gefühls, also wenn der Funktionsbegriff redefiniert wird, das Weibliche eine größere Rolle spielt. Das ist jetzt heikel, aber ich würd sagen, der Mensch verlässt dann die etablierte Norm und begibt sich in die Unsicherheit des Gefühls. Dann kann etwas Neues entstehen. Solche Zeiten sind zum Beispiel das Rokoko, die Secession oder die Postmoderne.

Aleksandra Pawloff

Sabine Pollak

Architektin bei "Köb & Pollak Architekten"
Von den Maglite-Taschenlampen gibt's eine ganze Reihe bei uns zu Hause, von der großen bis zur kleinen. Ich hab selbst nie eine Taschenlampe besessen, und als mein Freund eingezogen ist, tauchte da auch diese Lampe auf, die ihm irrsinnig wichtig ist. Die Lampen sind für mich und meine Tochter absolut tabu. Sie sind für mich so ein typisches Männerwerkzeug. Ich hab das Gefühl, ohne die kann er quasi gar nicht überleben. Brauchen tut er sie freilich nur bei Stromausfall oder wenn er in den Keller geht. Aber darum geht's ja nicht.

Aleksandra Pawloff

Sie müssen da sein, falls etwas passiert. Die Dinger sind ja irrsinnig schön, auch der Schraubmechanismus ist toll. Es ist halt so eine Bubengeschichte und hat bestimmt auch irgendwas mit dem Überleben in der Wildnis zu tun. Für mich war eine Taschenlampe wirklich nie ein Thema. Ich wollt aber noch erzählen, dass mir mein Freund eine echte Taschenlampe installierte, das heißt, er montierte in meine große Tasche eine ganz kleine Maglite, damit ich drinnen leuchten kann. Er hat mir sozusagen meine Tasche getunt, und das find ich sehr nett.

Aleksandra Pawloff

Wolfgang Hahn

Geschäftsführer des Shops "elvis4you"
Ich hab mir für diese Geschichte eine Gitarre ausgesucht, die von der Firma Gibson für Elvis gebaut wurde. Leider hat er sie nicht mehr benutzt. Ich selbst hab das letzte Mal kürzlich, anlässlich der Eröffnung meines Geschäftes, auf ihr gespielt.

Aleksandra Pawloff

Bezüglich ihrer Formgebung hab ich ein ambivalentes Verhältnis zu dem guten Stück. Auf der einen Seite wirken ihre Formen sehr weiblich auf mich, diese runde Bauchigkeit und so. Andererseits ist die Gitarre in Action, also auf der Bühne, ein sehr männliches Gerät. Ich denke dabei überhaupt nicht an ein Phallussymbol. Nein, es ist einfach die Art, wie ein Gitarrist wirkt, wenn er loslegt. Vor allem auf manche Frauen.

Aleksandra Pawloff

Rosemarie Schwarzwälder

Galeristin
Neben meiner Passion Kunst ist das Reisen eine große Leidenschaft von mir. Ich nehme Gegenstände aus der ganzen Welt mit mir und suche und platziere diese Dinge sehr gewählt. So entsteht eine Art ferner Charakter, eine ferne Qualität. Der Gegenstand, für den ich mich entschieden habe, ist ein so genannter provinzieller Speiseträger aus der Quing-Dynastie, die von 1644 bis 1911 dauerte. Wahrscheinlich sind die Menschen mit ihm auf das Feld gegangen. Er besteht aus einem Bambusflechtwerk mit einem Holzdeckel, und auf diesem ist ein Relief zu sehen, eine Art Paradiesvogel.

Aleksandra Pawloff

Durch einen Zufall ist irgendwann mein ganzes Nähzeug in diesen Korb gelangt. Er strahlt für mich Horizontalität aus, und das Horizontale bedeutet, wenn man so will, das weibliche Prinzip. Wobei ich das Thema schon auch problematisch sehe. Es war auch schwierig, etwas zu finden, denn ich denke nicht, dass man das Thema eindeutig an Gegenständen ablesen kann. Die Interpretation hat sehr viel mit der Person zu tun. Ich glaub' ja von mir selbst, dass ich männlich und weiblich bin - halt auf meine Weise.

Aleksandra Pawloff

Peter Weis

Geschäftsführer von Fiat Österreich
Meine Uhr strahlt für mich Männlichkeit aus. Vielleicht gilt das aber für die Uhr an sich, da es sich bei diesem Objekt um eine der wenigen Preziosen handelt, mit denen sich ein Mann schmücken kann. Außerdem ist sie eine Erinnerung an mein Leben und Wirken in Italien. Was Autos betrifft, möchte ich sagen, dass sie Sinnlichkeit ausstrahlen können, und zwar in Form, Klang und Erleben. Somit können sie sowohl männlich als auch weiblich sein. (Der Standard/rondo/15/10/2004)

Text: Michael Hausenblas
Fotos: Aleksandra Pawloff

Aleksandra Pawloff