Fisch Oscar (Stimme: Will Smith) im Penthouse seiner Träume: "Shark Tale" von Bibo Bergeron, Vicky Jenson und Rob Letterman

Foto: UIP/DreamWorks
Mit "Shark Tale" hat nun auch DreamWorks die Tiefsee für seine Animationen entdeckt - samt Fischen mit Popstarambitionen, vegetarischen Haien und jeder Menge stimmgewaltiger Hollywoodstars.


Wer kennt Adriana Caselotti? Die Frau, die weiland Schneewittchen ihre Stimme lieh, wurde angeblich nicht einmal in die Credits von Walt Disneys Zeichentrickklassiker aufgenommen. Inzwischen werden solche Jobs längst an hochkarätige Stars vergeben. Deren Namen firmieren im Vorspann von Animationen, so wie bei jeder anderen Großproduktion, die auf zugkräftige Promotion und Diversifizierung zwecks größtmöglicher Einspielergebnisse angewiesen ist.

Kleine Fische tragen also große Namen: Will Smith, Jack Black, Renée Zellweger, Robert de Niro - die Liste ist lang. Mit Christina Aguilera und Missy Elliott ist dann auch gleich noch die Querverbindung zur Musikindustrie hergestellt. Was es zu verkaufen gilt? Shark Tale /Große Haie - Kleine Fische heißt der aktuelle Animationsfilm aus der DreamWorks-Werkstatt. Nachdem Konkurrent Pixar im Vorjahr mit Finding Nemo einen ersten digitalen Tauchgang in Tiefseegewässer wagte, sieht man sich nun neuerlich mit schwimmenden Helden konfrontiert.

Allerdings hat man die Vermenschlichung der Fische, Krabben oder Seepferdchen im aktuellen Fall gehörig weiter getrieben: Der Ort der Handlung, ein Riff, sieht aus wie eine Miniatur von New York, samt gelben Taxis, großen Leuchtreklamen und kleinen Graffitikünstlern. Ein Fisch namens Oscar (Stimme: Will Smith), der in einer Autowaschanlage jobbt, träumt von einer Karriere als Rapper und einem mondänen Penthouse über der Stadt.

Der Traum wird wahr, als er eines Tages fälschlicherweise mit dem Tod eines Junghais in Verbindung gebracht wird: Oscar gilt fortan als der gefürchtete "Shark-Slayer". Damit gerät er allerdings auch prompt ins Visier der Haimafia - und der Medien. Und zu allem Überfluss sucht ein zweiter Junghai seine Nähe, der sich gegen die Familientradition als friedlicher Pflanzenfresser outet.

Unterwassermafia

Schon mit den Credits am Anfang wird klar, dass sich dieser Film nicht unbedingt an ein rein kindliches Publikum wendet: Welche Achtjährige fängt schon mit Namen wie Martin Scorsese oder Robert de Niro etwas an? Auch die zahllosen Filmverweise auf Coppolas Paten-Trilogie, den Weißen Hai oder auf Carwash (eher ein US-Insider-joke) lassen allenfalls das Herz der Erziehungsberechtigten höher schlagen.

Shark Tale arbeitet sich an Idiomen ab (dauerbekiffte Quallen versus italoamerikanische Mafiaveteranen), weidet sich an popkulturellen Zeichen (vom Afro bis zum Goldkettchen) und nimmt nebenbei die Machinationen der Medien ins Visier.

Die Erzählung nimmt währenddessen ihren vorhersehbaren Lauf. Merke: Hochmut kommt vor dem Fall, plötzlicher Ruhm bringt falsche Freunde, und wer sich seiner Wurzeln nicht besinnt, der droht nicht nur den Bezug zu seinem Umfeld, sondern auch das Herz einer treuen Freundin zu verlieren. Recht viel Getöse und quietschbuntes Brimborium für eine derart altbackene Geschichte. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.10.2004)