Raunzern, die behaupten, in Wien werde in Sachen Design nicht viel geboten, wird zumindest an diesem Wochenende gehörig der Marsch geblasen. Gut 120 Möbelmacher, Produktdesigner, Modeschöpfer und Schmuckmacher werden das Museum für angewandte Kunst in eine Art Jahrmarkt des Designs verwandeln. Die "Blickfang", wie die Schau genannt wird, zeigt sich hier zu Lande zum ersten Mal mit Ausstellern aus Österreich, Deutschland, der Schweiz sowie aus Tschechien und Ungarn.


Motzkissen "Luure" von "cubeseven"

Die Veranstaltung versteht sich als Verkaufsausstellung, als eine Art Whirlpool für Designschaffende und Schaufenster für Interessierte, die auf dieser Messe erstmals auf einen Streich Kontakt mit vielen kleinen Labels aufnehmen können. Und natürlich als große Party für die Szene. Gestartet wurde das Unternehmen "Blickfang" vor zwölf Jahren in Stuttgart, wo auch der Veranstalter "hma" sitzt - auf der "Blickfang" in Zürich zählte man im vergangenen Jahr bereits 17.000 Besucher. Wien soll nun als Veranstaltungsort das dritte Ländereck bilden.

Die ganz großen Namen wird man auf der "Blickfang" vergeblich suchen, vielleicht aber hat der eine oder andere Aussteller das Zeug zu einem solchen.


Beistelltisch von "maybe Design"

Die Ausstellung - Objekte werden auf Messeständen in der Größe zwischen sechs und 30 Quadratmetern gezeigt - ist ausverkauft. Ein Auswahlgremium beäugte vor der Zulassung das eingereichte uvre. Das Ganze in eine Stilrichtung zu rücken ist nicht möglich, an dieser Stelle alle Aussteller aufzuzählen ebenfalls nicht. Formensprachlich, man kann es ruhig sagen, bietet die "Blickfang" eine Art Design-Esperanto. Laut gibt zum Beispiel das so genannte Motzkissen "Luure" vom Kölner Label "cubeseven", das zum Aus-dem-Fenster-Schauen und Lästern einladen und für alle Fensterbänke nutzbar sein soll.


Regalsystem von Stefan Irion

Auffallend sind unter anderem die Keramiken von Sandra Haischberger, die auf herkömmlich verstaubte Formen pfeift, der storchenbeinige Leuchtturm von "Maybe Design", ein Beistelltischchen mit sockenartigen, herabbaumelnden Zitzen für allerlei Krimskrams, und eine echt gelungene Regalneuheit des Schweizers Stefan Irion.


Keramik von Sandra Haischberger

Wer schon immer wissen wollte, wie sich ein auf den Rücken gekippter Marienkäfer fühlt, kann sich in der Sitzschale von Elke Florian niederlassen, und wem die gängige Schmuckszene zu fad ist, der könnte seinen Ringfinger mit einem Stück von Franziska Venrath schmücken, auf dem ein Minipüppchen auf seinen Brei wartet. Wer eher auf Mode abfährt, kann sich bei Blickfängern wie Elfenkleid, Michel Mayer, Maria Oberfrank und ihrem Label "pitour", bei Grzegorz Kasperski oder Ilka Fiedler umschauen. Die Entwürfe Fiedlers erlauben etwa einen heiteren Blick zurück in die Zukunft à la Doris Day. Aber wie gesagt, zu sehen gibt es eine Menge mehr, darunter auch viele der "üblichen Verdächtigen" der Designszene.


Sitzschale von Elke Florian

Gespickt ist das Design-Menü der "Blickfang" auch mit Programmpunkten wie Modeschauen in der Säulenhalle, einem Designpreis, dem Mini-Kreativwettbewerb oder Vorträgen von Design-Fachfrau Tulga Beyerle von "section.a", dem Licht- und Farbenexperten Karl Albert Fischer oder den Innenarchitekten Maren Lindenbauer und Xenia Bartholomie.


PRAG-Messestand für "Wien Products"

Frischen Wind will sich in diesem durchwegs jungen Umfeld auch klassisches, österreichisches Gestaltergut um die Nase wehen lassen. Wiener Traditionsunternehmen wie J. & L. Lobmeyr, Augarten-Porzellan, Backhausen, Woka und andere, die mitunter unter der Dachmarke "Wien Products" auftreten, ließen MAK-Direktor Peter Noever Stücke auswählen, die auf einem vom Architektenteam PPAG inszenierten Messestand zeigen wollen, was sie noch immer draufhaben.


Leuchtenturm von "Maybe Design"

Köbi Gantenbein, der als Chefredakteur den Ton des führenden Schweizer Designmagazins Hochparterre angibt, meinte zur "Blickfang" in Zürich: " . . . Ich liebe dieses Stelldichein des kleinen, feinen Luxus und decke meinen Bedarf an solchen Dingen hier Jahr für Jahr. Ich verneige mich vor der Leidenschaft und Hartnäckigkeit der AutorInnen und Kleinunternehmer, die in den Räumen des Kongresshauses ihre KäuferInnen finden." In seinem Sinne bleibt zu wünschen, dass dies auch den Ausstellern in Wien gelingen möge und sich auch dieser Standort etablieren kann im Blickwinkel der Designfänger. (Michael Hausenblas, DER STANDARD, rondo/15/10/2004)


Outfit von Ilka Fiedler


"Blickfang" im MAK
Stubenring 5
1010 Wien
Eingang Weiskirchnerstraße.
15., 16., 17. Oktober 2004.
Fr 17-22 Uhr, Sa 14-22 Uhr, So 11-20 Uhr.

Tageskarte € 10.
Infos unter
blickfang.com


Schmuckstück von Franziska Venrath