Computersimulation der Esa: Wie ein Bienenschwarm umkreisen Satelliten die Erde. Das Gros der Geräte ist inzwischen Weltraummüll - eine steigende Gefahr auch für die Erde.

Foto: Esa
Darmstadt/Berlin - Die Befürchtung von Häuptling Majestix aus dem bekannten Comic "Asterix und Obelix", dass ihm der Himmel auf den Kopf stürzen könnte, dürfte sich nicht so rasch bewahrheiten. Aber zumindest Teile aus dem Weltall könnten herunterstürzen. Denn der Weltraummüll nimmt zu.

Rund 28.400 Objekte wurden seit dem Start von Sputnik 1957 ins Weltall geschickt. Davon verglühten rund 19.000 in der Erdatmosphäre, ohne Schaden anzurichten. Rund zehntausend größere Objekte umkreisen die Erde, berichtet Walter Flury, Leiter der Missionsanalyse bei der Europäischen Weltraumorganisation Esa in Darmstadt. Dazu kommen noch einmal hundert- bis zweihunderttausend Objekte. "Wie viel das sind, weiß niemand so genau."

Wie ein Bienenschwarm

Auf den Karten der Esa sehen die Teile wie ein Bienenschwarm aus, die die Erde umkreisen. Informationen darüber, was in erdnahen Umlaufbahnen herumschwebt, werden hauptsächlich durch Radarbeobachtungen gewonnen, in entfernteren Bahnen mit optischen Teleskopen. Der Großteil des Weltraummülls besteht aus Fragmenten, aus Überbleibseln nach Explosionen und Kollisionen. Mehr als ein Fünftel der Gesamtmenge machen ausgediente Satelliten aus. Auch die Hauptverursacher sind bekannt: Für rund 90 Prozent des Weltallmülls sind Russen und US-Amerikaner verantwortlich.

Herumfliegende Teile können beträchtliche Schäden etwa bei Satelliten verursachen. Aber auch auf der Erde landete bereits Weltraummüll wie ein 200-Kilo-Tank aus einer Raketenstufe im US-Bundesstaat Texas. Ein zusätzliches Risiko ist, dass nur die Europäer auf Nuklearenergie an Bord - wie jüngst bei der Rosetta-Mission - verzichten.

Gefahr für Verkehrsflugzeuge gering

Für Verkehrsflugzeuge ist die Gefahr dagegen gering. "Die Kollisionsgefahr ist weiter oben höher als in Erdnähe", meint Flury: Die größte Gefahr bestehe zwischen 800 und 1500 Kilometern Höhe. "Das gesundheitliche Risiko für Menschen ist in einem Auto auf einer Autobahn viel höher", meint der Schweizer süffisant. Außerdem sei 70 Prozent der Erdoberfläche vom Wasser bedeckt.

Das Risiko könne aber verringert werden durch einen kontrollierten Absturz wie bei der Mir-Raumstation. So spiele bei der Berechnung die Materialeigenschaften eine wichtige Rolle. Aber Flury räumt ein, dass die Abweichung "Hunderte von Kilometern" betragen könne. Der Umgang mit dem Weltraummüll beschäftigt inzwischen auch die UNO. 1993 wurde darüber zum ersten Mal diskutiert, bis jetzt gibt es aber keine Regelung. "Einige Länder wollen keine Regelungen, weil damit auch Kosten verbunden sind. Aber das Problem, wie mit dem Weltraummüll umgegangen wird, darf nicht mehr länger auf die lange Bank geschoben werden", warnt Esa-Forscher Flury und fordert Entscheidungen. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.10.2004)