Noch betrunken am Boden: Sze-To (Louis Koo), der Judo-Star, in Johnnie Tos "Throw Down"

Foto: Viennale
Hongkong-Regisseur Johnnie To, einer der produktivsten Filmemacher der Welt, kombiniert in Rudao Longhu Bang / Throw Down Judokämpfe und Kleingangstertum zu einem turbulenten Genre-Crossover – und verbeugt sich vor dem japanischen Regisseur Akira Kurosawa.


Die glorreiche Zeit von Sze-To (Louis Koo) liegt in ferner Vergangenheit, als er ein so verehrter wie ungeschlagener Judo-Champion war. Aus unbekannten Gründen brach er damals seine Karriere ab und erzürnte damit eine Reihe von Kontrahenten, die ihn noch schultern wollten. Viel ist von seinem Ruhm nicht übrig: Als alkoholkranker Halbkrimineller, der sich mit dem Betreiben einer Karaoke-Bar über Wasser hält, ist Sze-To heute das Zerrbild einer Legende.

Wer sich von dieser Ausgangslage in Johnnie Tos neuem Film Rudao Longhu Bang / Throw Down ein Sportdrama erwartet, in dem der einstige Held am Ende wieder im Licht des Erfolgs strahlt, wird enttäuscht sein. Zwar bewegt sich der umtriebige Hongkong-Regisseur, von dem auf der Viennale mit Dai Si-Gien / Breaking News noch ein zweiter Film zu sehen sein wird, lose auf diesen Genrebahnen. Aber wie die meisten seiner in der eigenen Produktionsfirma Milkyway Films realisierten Arbeiten (The Mission, Full Time Killer) zeichnet auch diese ein dekonstruktiver Zugang aus:

Heroismus steht bei To prinzipiell unter Verdacht, die Konsequenz daraus lautet aber nicht unbedingt Ironie; Konventionen werden vielmehr mittels burlesker Manöver variiert, oft mehrere Genres gekreuzt und dann noch lustvoll und mit großer stilistischer Verve übersteigert. To bedient sich dabei meist der unterschiedlichsten Quellen und Materialien: Throw Down ist beispielsweise auch ein Tribut an den japanischen Meisterregisseur Akira Kurosawa, der mit Sugata Sanshiro (1943) den vielleicht einflussreichsten Judo-Film gedreht hat.

Die Kampfsporteinlagen stellen in Throw Down allerdings nicht unbedingt das tragende Element dar – das unaufhörliche Zu-Fall-Bringen ist mehr ein komisch wie auch pathetisch beanspruchter Verweis auf den Überlebenswillen der Figuren: immer wieder von Neuem aufstehen. Sze-To benützt den jungen Herausforderer Tony (Aaron Kwok) und die Sängerin Mona (Cherrie In) zunächst dazu, lokale Triadenchefs zu hintergehen, die ihre Geschäfte in Spielhallen abwickeln – doch da alle Judobegeisterte sind, denkt er auch an ein Comeback.

Die Erzählung mäandert zwischen diesen kleinen Gaunereien und Sze-Tos wachsender Bereitschaft, den Kampf wieder aufzunehmen – doch nicht das zählt so sehr als vielmehr Tos unbedingter Stilwille, seine einfallsreichen Varianten einzelner Set-Pieces: eine Verfolgungsjagd, bei der das Geld auf den Straßen verstreut wird und sich Jäger und Gejagte beim Aufsammeln desselben lange in die Augen sehen können. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.10.2004)