Hans Krankl im Gespräch mit Ivo Vastic.

Wien - Nach elf Trainingseinheiten, von denen sechs tatsächlich auf dem Feld genutzt wurden, geradezu exzessivem Videostudium und "unzähligen Gesprächen", wie Teamchef Hans Krankl beteuerte, werden am Samstagabend (20.30 Uhr, ORF 1) also die Polen empfangen. Fast 50.000 Zuschauer im Happel-Stadion werden eine prächtige Kulisse abgeben, zumal dann, wenn der Wunsch von ÖFB-Präsident Friedrich Stickler in Erfüllung geht und die Fans völlig rot-weiß-rot gewandet auf den Rängen sitzen. Selbst wird er wohl mit einem Schal zum Anzug dazu beitragen. Den Spielern bleibt ohnehin nichts übrig, die müssen mit roten Leibchen, weißen Hosen und roten Stutzen antreten. Die Gäste scheren nicht völlig aus, sie spielen angeblich in Weiß-Rot-Weiß. Nur Schiedsrichter Lucilio Cardoso Batista aus Portugal beugt sich dem Stickler'schen Diktat bzw. Wunsch ganz sicher nicht.

In der Vorbereitung hat sich die Bedeutung der Partie für die WM-Qualifikation merklich gewandelt. Am Montag sprach Krankl noch von einem Knackpunkt, Freitag war das Spiel zwar immer noch wichtig, aber überhaupt kein Schlüsselspiel mehr. "Da stehen noch zu viele Spiele aus, um das zu behaupten."

Um die Bestätigung

Allerdings könnte das Abschneiden gegen Polen die endgültige Bewertung der Ergebnisse gegen England und Aserbaidschan beeinflussen. War das 2:2 gegen die Engländer ein reiner Glücksfall, der Punkt einem schwachen Goalie geschuldet, oder tatsächlich Resultat einer heroischen Leistung, wie Krankl betonte? Und war das 2:0 gegen Aserbaidschan bloße Pflichterfüllung, ein verpasstes Schützenfest gegen einen schwachen Gegner, oder doch der Beweis, dass diese österreichische Nationalmannschaft auch mit der Favoritenrolle gegen noch kleinere Zwerge zurecht kommt?

Spekuliert wird immer

Antworten sollen jene elf Mann, die Krankl natürlich bis zum letzten Moment nicht verraten will. Der Spekulation unterworfen sind ohnehin maximal zwei bis drei Positionen: Wer spielt im Sturm, und feiert Anton Ehmann eventuell ein Comeback in der Innenverteidigung, und wenn ja, zu wessen Lasten bzw. Gunsten, wenn die Polen tatsächlich so stark sind, wie alle erwarten? Viel spricht dafür, dass Mario Haas und Ivica Vastic in der Spitze beginnen und an glorreiche, gemeinsame Tage bei Sturm erinnern sollen. Es ist schwer zu glauben, dass Krankl sein "Nie wieder Vastic" revidiert und den 35-Jährigen dann auf die Bank setzt. Außerdem sind die polnischen Abwehrspieler ziemliche Pfosten, weshalb ein rechter Dribblanski wie Vastic und dazu ein schneller Mann wie Haas durchaus Sinn machen. Schließlich sind Roland Kollmann und Christian Mayrleb auch dann gut, wenn sie von der Bank als Joker kommen. Vastic mag das nicht so.

Hinten wünschen sich manche die GAK-Abwehr plus Legionär Martin Stranzl. Also mit Joachim Standfest, der gegen Aserbaidschan als spielstarker Verteidiger überzeugte, mit Ehmann und Emanuel Pogatetz. Das hieße die Bank für den spielerisch limitierten Martin Hiden, den aber Krankl schätzt, vielleicht weil er gerne gegen ihn gespielt hätte. Den Spielern und Krankl ist die Zuversicht gemein. "Mein Gefühl ist gut, mein Vertrauen grenzenlos", sagte Krankl. Kapitän Andreas Ivanschitz fühlt sich bis zu den Spitzen seines braven Scheitels motiviert. Vier Punkte, natürlich inklusive des Mittwochspiels in Nordirland, könnten ihn zufrieden stellen.

Die Bilanz gegen Polen ist so aussagekräftig wie die letzte Stellungnahme des polnischen Teamchefs Pawel Janas ("Wir wollen immer gewinnen!"). In sechs Spielen gab es zwei Niederlagen, ein Remis und drei Siege für Österreich. Das letzte Spiel zeitigte vor zehn Jahren in Kattowitz mit 4:3 den letzten Erfolg. Das letzte Heimspiel in Wien (1992 gab es unter Ernst Happel noch ein 2:4 in Salzburg) haben die Österreicher 1977 mit 2:1 gewonnen. Hans Krankl schoss damals ein Freistoßtor, und Janas, wie schon beim dritten WM-Platz der Polen 1974 als Verteidiger aufgeboten, konnte rein gar nichts dagegen unternehmen. (Sigi Lützow - DER STANDARD PRINTAUSGABE 9./10./10. 2004)

Die technischen Daten und möglichen Aufstellungen des Fußball-WM-Qualifikationsspiels (Gruppe sechs) Österreich - Polen (Samstag, 20:30 Uhr/live ORF 1, Wiener Ernst Happel-Stadion, Schiedsrichter Lucilio Cardoso Batista/Portugal):

ÖSTERREICH: Manninger (AC Siena/16 Länderspiele) - Standfest (GAK/5), Stranzl (VfB Stuttgart/21/1 Tor), Martin Hiden (Rapid/30/1 Tor), Pogatetz (GAK/11/1) - Schopp (Brescia/50/3), Kühbauer (SV Mattersburg/50/5), Aufhauser (GAK/21/2), Ivanschitz (Rapid/8/2) - Kollmann (GAK/8/4), Haas (Sturm Graz/36/7)

Ersatz: Schranz (GAK/1 Länderspiel) oder Macho (Rapid/1) - Ehmann (GAK/8), Feldhofer (Rapid/3), Katzer (Rapid/2), Andreas Ibertsberger (Salzburg/0), Dollinger (GAK/6), Kiesenebner (Austria/3/1), Kirchler (FC Superfund Pasching/24/4), Sick (GAK/1), Mayrleb (FC Superfund Pasching/21/5), Vastic (Austria/40/11)

Es fehlt: Amerhauser (verletzt)

POLEN: Dudek (Liverpool/44 Länderspiele) - Baszczynski (Wisla Krakau/13), Hajto (1. FC Nürnberg/58/6 Tore), Bak (Lens/55/2), Rzasa (Heerenveen/21/1) - Kosowski (1. FC Kaiserslautern/26/2), Mila (Groclin Grodzisk/11/3), Szymkowiak (Wisla Krakau/16/2), Krzynowek (Bayer Leverkusen/43/5) - Zurawski (Wisla Krakau/34/8), Frankowski (Wisla Krakau/4/1)

Ersatz: Boruc (Legia Warschau/4 Länderspiele) oder Kuszczak (West Bromwich/2) - Bieniuk (Amica Wronki/6), Kaczorowki (Lech Posen/13/1 Tor), Klos (Wisla Krakau/54/4), Stolarczyk (Wisla Krakau/7), Kaluzny (Bayer Leverkusen/36/10), Lewandowski (Schachtjor Donezk/18), Radomski (Heerenveen/7), Zajac (Groclin Grodzisk/8), Rasiak (Derby County/14/3), Jelen (Wisla Plock/4/1)

Es fehlen: Wlodarzczyk (gesperrt), Zewlakow, Glowacki, Gorawski, Smolarek, Niedzielan, Bosacki, Olisadebe (alle verletzt)