Dialog mit dem argwöhnischen Kameraauge: Der Flughafenbewohner Viktor Navorski (Tom Hanks) lernt in Steven Spielbergs "The Terminal" schnell dazu.

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Wien - Die Zumutungen, mit denen ein New-York-Besucher bei der Einreise konfrontiert ist, würden als Genre eigentlich ein politisches Drama nahe legen - zumal in Zeiten biometrischer Kontrollen und der Angst vor terroristrischer Unterwanderung. Doch Steven Spielbergs neuer Film The Terminal stellt ziemlich schnell klar, dass hier die Burleske das Geschehen bestimmt. Krakozhia, das fiktive osteuropäische Land, aus dem Viktor Navorski (Tom Hanks) stammt, ist nicht länger existent. Zwecks Verdeutlichung lässt der Zollbeamte Nixon (Stanley Tucci) eine Packung Kartoffelchips explodieren.

Für den Reisenden ist in der Folge der Flughafen die Endstation, er bezieht in der Transithalle Quartier. Was anfangs nicht mehr als eine Notlösung ist, wird bald zum Dauerzustand, weil sich der Gestrandete, eine Mischung aus Forrest Gump und Bartleby, von seiner Mission einzureisen, nicht abringen lässt. Der Nicht-Ort des Transits wird damit zur Ersatzheimat. Sie bietet genug Gelegenheiten, zu etwas Geld zu gelangen, und die multikulturelle Gemeinde der hier Dienstleistenden überwindet anfänglichen Argwohn und schließt den Ankömmling in die Arme.

Wärme setzt sich durch

The Terminal liegt eine wahre Geschichte zugrunde: Der Iraner Merhan Karimi Nasseri kam 1988 am Pariser Flughafen ohne Papiere an und lebt heute noch dort. Die existenzielle Dimension dieses Falles interessiert Spielberg jedoch so wenig wie die politische. Er sucht den komisch zugespitzten Konflikt mit dem örtlichen Sicherheitschef, dem Repräsentanten des Staates, der dem Dauergast mit Überwachungskameras nahe rückt. Doch dieser kalte Blick richtet nichts aus gegen die menschelnde Wärme, mittels der Navorski unterdessen Allianzen bildet.

Seine Begegnungen mit einer Stewardess (Catherine Zeta Jones), die immer noch auf den Richtigen hofft, zeigen am deutlichsten, worauf The Terminal hinaus will: Es geht um die Grunderfahrung des Wartens, ein wenig wie in Casablanca; um den von außen erwirkten Aufschub des Glücks, ein wenig wie in Arbeiten Frank Capras - allein die bitter-süße Zusammenführung von Komödie und Melodram mag Spielberg nicht gelingen. Will der Film witzig sein, wirkt er plump; umgekehrt kippen dramatische Momente schnell um ins Sentimentale.

"America is closed", heißt es in The Terminal gleich zu Beginn: Eine Losung, auf die es im Film keine Gegenstrategie gibt, nur den nostalgischen Hinweis auf andere Zeiten, in denen die USA noch als Einwanderungsland galten. Daran erinnert auch Navorskis Mission. Der will nämlich gar nicht bleiben, sondern das Autogramm eines Jazzmusikers, um die Sammlung seines Vaters zu vervollständigen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9./10.10.2004)