Mit Beethovens Oper wurde dort angeknüpft, wo Intendant Gerhard Brunner vor drei Jahren aufgehört hatte: Regie führte Vera Nemirova, eine seit zwei Jahrzehnten in Deutschland ansässige Bulgarin, die ihr Handwerk bei Ruth Berghaus und Peter Konwitschny gelernt hat, dessen Assistentin sie auch in Graz schon war.
Wenn man weiß, aus welcher Ecke ihre Arbeit kommt, findet man das Ungewöhnliche in diesem Fidelio gar nicht mehr so originell (bei manchem Andersgemachten aber etwas überdreht). So hat sie die Art, auch in ernsten Sujets Komisches vorkommen zu lassen (Stichwort: Totales Theater), ihrem Lehrmeister abgeschaut. Hier wird etwa die Marcia der Wachsoldaten im ersten Akt zur Kasperliade. Im apparativen Bereich hat der Ausstatter Klaus Werner Noack ziemlichen Aufwand getrieben.
Bei all den szenischen Ablenkungen sollte man auch auf die Musik hören. Unter der Leitung von Rainer Mühlbach, seit dieser Spielzeit Generalmusikdirektor in Münster, wurde ordentlich gespielt und gesungen. Ebenfalls Graz-Debütanten sind der Niederländer Alfred Bonnema (Florestan) und die Münchnerin Elisabeth-Maria Wachutka (Leonore), deren Stimmen durchaus dramatisches Gewicht haben. Neben ihnen der hier schon bekannte Este Egils Silins (Don Pizarro) und die bewährten Mitglieder des Hauses, unter denen Sonia Zlatkova (Marzelline) und Manuel von Senden (Jaquino) durch deklamatorische Deutlichkeit auffielen.