The Bunny Situation: "Life Ain't Funny" (Universal 2004)

Coverfoto: Universal
Im Verlauf des Jahres veröffentlichte das österreichische Duo The Bunny Situation mehrere Singles - im Interview mit Josefson erzählen Ellen Muhr (Gesang) und Florian Prix (Instrumente) über das am 27. 9. erscheinende Album "Life Ain't Funny".

derStandard.at: Niemand will in eine musikalische Schublade gesteckt werden, viele passen trotzdem ganz gut in eine rein. Bei euch fällt es allerdings schwer. Wie würdet ihr in euren Worten die Musik von The Bunny Situation beschreiben?

Ellen: Es ist für einen Artist glaube ich das schönste Kompliment, wenn er nicht schubladentauglich ist. Unsere Musik besitzt eine raue, nackte, ungeschliffene Klangstruktur wie ein Schrottplatz, die von den Gesangsmelodien und Geschichten nach Belieben entschärft bzw. unterstrichen wird.

Das Ergebnis sind klanglich untypische, aber in ihrer Struktur durchaus geordnete Pop-Songs. Die Gesangsmelodien und Texte vereint mit dem Schrottplatzgebilde ergeben eine harmonische, meines Erachtens sehr bluesige, emotionale Silhouette. Freie Improvisation ist eine Leidenschaft von mir, aber The Bunny Situation hat mich in die Welt des strukturierten Songwritings geführt, eine sehr spannende neue Erfahrung.

Florian: Unsere Musik beruht tatsächlich auf "gefundenen" Emotionen, Klängen, Instrumenten, Räumen und Maschinen, mit und in denen wir uns bewegen ... je nach Laune vergrößert, gefiltert oder auch neu zusammengesetzt.

In unserer Klangwelt existieren die Störgeräusche von Mobiltelefonen, die sich ungewollt auf Band schummeln, gleichberechtigt neben Billie Holiday. Vermutlich könnten wir es "Objet Trouvé" in klassischer Songform nennen. Schlussendlich ist der Kontext wichtig und nicht, ob wir die letzten Jahren viel Portishead gehört oder eher dem Geschirrspüler gelauscht haben ...

derStandard.at: Wie ist es zur Zusammenarbeit zwischen euch beiden gekommen?

Ellen: Wir kennen und schätzen uns schon sehr lange und es hat sich sehr unspektakulär, soweit ich mich erinnere, in einem Wiener Beisl zugetragen: "Flo, hast du Lust, dass wir zusammen mal ein paar Songideen austauschen?" oder so ähnlich ...

derStandard.at: Zeichnet mal die typische Entstehungsgeschichte eines Bunny-Songs von den ersten Sound- und Text-Ideen bis zur fertigen Aufnahme nach. Übrigens: Eher "Song" oder eher "Track"?

Florian: Besagte gefundene Sounds oder auch ein Instrument geben die Grundstruktur vor. Spannend ist es allerdings, diese Klänge trotz aller vernichtenden Bearbeitungen in ihrem emotionalen und räumlichen Kontext zu belassen. Halten die Sounds mit ihren Strukturen den Bearbeitungen nicht stand, waren es die falschen Ausgangsmaterialien. Funktioniert es, wird durch Layering und Overdubs ergänzt. Dazu kommen dann Vocal- und Textfetzen. Unendlich - nachdem sich auch die kleinsten Details immer wieder beeinflussen.

Ellen: Ich bekomme Files von Flo, bei denen ich oftmals zuerst eine Struktur feststellen muss - das heißt, ich schau mir an, was sich für mich für Strophe, Refrain, etc. anbietet. Dann beginnt auch schon der für mich spannendste Abschnitt, die Entstehung der Geschichte: erzählt wird immer eine Geschichte aus meinem Leben. Die Stimmung des jeweiligen Songs wird von mir komplett verinnerlicht und irgendwann von einer Sekunde auf die andere ist die Geschichte da, und dann beginnt die eigentliche Arbeit: das Zusammenfügen von Melodie und Text.

Nachdem wir die Files von Flo und mir vereint hatten, hat Flo noch einige Feinschliffe vorgenommen, und dann haben wir die ganze CD in 2 Tagen bei Flo im Büro aufgenommen. Einige wenige Songs wurden aber auch während der Aufnahme vor Ort komplett geändert und improvisiert aufgenommen.

derStandard.at: Auf den bisher erschienenen Singles sind eine Reihe von Remixes der Album-Titel enthalten; den sommerlichen MIKA-Remix von "Be My Tiger / Life Ain’t Funny" finde ich besonders gelungen. Erreicht ihr eigentlich jemals einen Punkt, wo ihr sagt: das ist jetzt der Song, oder nehmt ihr jede Aufnahme von vornherein "nur" als Variation aus einem ganzen Spektrum wahr?

Florian: Nachdem es keine "Aufnahmen" per se sind, gibt es eigentlich keine grauenhaften oder optimalen Takes. Das erfordert entsprechende Disziplin, um einen Schlussstrich zu ziehen. Dieser Schlussstrich kann aber auch ein Startpunkt für neue, meinetwegen, "Variations on Bunnies" sein. Schon gesehen bei den fantastischen Remixes von MIKA und I-Wolf. Das sind eigenständige Werke, die wir vermutlich nie so weit hätten tragen können.

Ellen: Für mich persönlich gibt es den Punkt, wo ich sage: "Das ist jetzt der Song", und auch in Zusammenarbeit mit Flo hat es immer diesen Punkt gegeben. Was die Remixe betrifft, such ich mir immer geeignete Artists aus, die ich sehr schätze. Einen "Hound"-Remix von Wolfgang Schlögl habe ich mir schon vorgestellt, als er noch gar nicht I-Wolf war. Ich lasse den Remixern volle Freiheit, das ist ja das Spannende, dass sie ihren eigenen Song daraus machen.

derStandard.at: Die musikalische Infrastruktur in Österreich hat sich im Verlauf der Jahre doch deutlich verbessert: Musiker, Labels, Radiosender und zuletzt ein landesweiter Video-Sender. Wie zufrieden seid ihr mit eurem Airplay?

Ellen: Dass wir auf Ö3, 88,6 usw. nicht gespielt werden, können wir verkraften. Was uns natürlich sehr freut, ist, dass wir mit unseren ersten beiden Singles seit Mai regelmäßig auf FM4, FM5 und Radio Orange zu hören sind; das Airplay passt soweit. Wir sind gerade mit unserem Video für den Song "Hound" fertig geworden und hoffen natürlich, dass es zumindest auf go tv gesendet werden wird.

Florian: Eine Geschichte dazu sinngemäß: J.J. Cale saß in einer Bar, trank ein Bier. Auf einmal hörte er seinen Song "Cocaine", gecovert von Eric Clapton, aus dem Radio dröhnen. Also ging er raus und kaufte sich einen Cadillac. Ich stieg neulich ins Auto, und aus dem Radio kam unvermittelt der "Hound"-Remix von I-Wolf, den ich vorher nur aus dem Studio kannte. Trotz aller Verbesserungen in Sachen Infrastruktur habe ich mir jedenfalls vorerst mal keinen Cadillac gekauft ...