Kaiserenkel Lorenz Habsburg: "Österreich als Kleinstaat soll froh sein, dass einer seiner Mitbürger selig gesprochen wird."

STANDARD: Wie soll ich Sie denn anreden?

(Pause) Habsburg: Ist mir egal.

STANDARD: Sie wissen, laut Paragraf 3 des Habsburgergesetzes ist der Gebrauch von Titeln und Anreden gegenüber Habsburgern verboten.

Habsburg: Famos.

STANDARD: Am 3. Oktober wird ihr Großvater Karl I. selig gesprochen. Welche Bedeutung hat dieser kirchliche Akt heute für Sie und Ihre Familie?

Habsburg: Vom Gefühl her muss ich sagen: Wenn man einen Großvater hat, der selig gesprochen wird, ist man glücklich darüber und stolz darauf, dass man solche Vorfahren hat. Es ist auch eine Herausforderung. Ich arbeite heute wie jeder andere, ich leite ein Unternehmen.

Das ist natürlich was ganz anderes als Kaiser oder König zu sein. Es stellt sich die Frage, was kann ich von der Spiritualität Karls in der heutigen Zeit anwenden? Ich kann versuchen - wie er - den lieben Gott im täglichen Leben zu leben: das Beten mit den Kinder in der Familie, in der Arbeit, mit den Mitmenschen. Da muss eine spirituelle Dimension hinein. Großvater suchte immer, den Willen Gottes zu verstehen und nachzuvollziehen.

STANDARD: Die Person Karl I. ist historisch umstritten. Besonders kritisch wird seine Verantwortung bei einem Giftgaseinsatz im 1. Weltkrieg beurteilt.

Habsburg: Das ist ein persönliches Urteil, da kann man dazu stehen wie man will. Aber: Es hat sehr viele Zeugen gegeben. Diese Zeugenaussagen sind Historikern gegenübergestellt worden und die Kirche ist zum Entschluss gekommen, dass dieser Mann geeignet ist, selig zu werden.

Die Kirche hat lang untersucht und beurteilt. Es ist natürlich auch das Problem öffentlicher Personen. Nur wenige Staatsoberhäupter sind selig gesprochen worden, weil sie von historische Gegebenheiten umrahmt sind, die für die einen gut und für die anderen nicht gut sind.

STANDARD: In Österreich ist eine Debatte um die hochrangige Politikerdelegation, die zur Seligsprechung fährt, entflammt. Warum regt das Thema Habsburg nach wie vor so auf?

Habsburg: Ich verstehe das nicht ganz. Ich find's nicht zeitgemäß. Es werden noch zwei Franzosen selig gesprochen und es kommt der französische Außenminister und da kräht kein Hahn danach in Frankreich. Österreich als Kleinstaat soll froh sein, dass einer seiner Mitbürger selig gesprochen wird.

STANDARD: Würden Sie es begrüßen, wenn der St. Pöltner Kurt Krenn nach Rom kommt?

Habsburg: Ehrlich gesagt, darüber möchte ich mich nicht äußern. Das ist eine innerkirchliche Angelegenheit. (DER STANDARD, Printausgabe, 25./26.9.2004)