"Macchiato" und "Latte Macchiato", das trank man die vergangenen zwei Jahre, wenn man den Puls der Zeit zu spüren vermeinte, wenn man sich nicht nur mittels Outfit, Fahrzeug, Urlaubsplanung und Beziehungsgestaltung als trendy zu erkennen geben wollte, sondern auch bei der Wahl des Heißgetränks. Denn schöne Menschen mit gesundem Teint, Erfolg im Beruf und in der Liebe, mit Intellekt und hintergründigem Witz, die trinken "Macchiato", wie man weiß (italienisch für "gefleckt", gemeint ist ein Espresso mit einer kleinen Haube aus geschäumter Milch, ob umgerührt oder "weiß" belassen, darüber streiten die unterschiedlichen Denkschulen). Aber was wurde eigentlich aus den aromatisierten Kaffees, die vor ein paar Jahren durch Szenelokale und Kleinröstereien geisterten, was mit den kostspieligen "Crus" und Plantagenkaffees, kennt man da noch irgendwelche Namen außer "Jamaica Blue Mountain"?

Die Zukunft des Kaffees, natürlich immer szenemäßig gesehen, sei jedenfalls pur und nähere sich dem italienischen Original, sagt Gerhard Jericha vom Wiener Espressomaschinen-Spezialgeschäft "Taste it". Kaffees von italienischen Kleinröstereien, die wöchentlich zwischen drei- und fünfhundert Kilo rösten, das sei augenblicklich ziemlich angesagt, Geheimtipp-Trip nun also auch beim Kaffee. Begleitend dazu kann Jericha auch einen augenscheinlichen Trend zur Heim-Espressomaschine feststellen, und zwar zu den wirklich guten, mit ordentlich Metall am Leib, die freilich etwas mehr Mühe machen als die praktischen Vollautomaten mit Espresso auf Knopfdruck, "aber da liegen Welten dazwischen". Der Milchkaffee sei laut Marktbeobachter Gerhard Jericha übrigens nach wie vor absolut ein Thema, nicht zuletzt deshalb, weil er es selten erlebe, dass Paare ihren Kaffee im Partnerlook trinken würden, "wenn er Espresso trinkt, trinkt sie Caffè latte, oder umgekehrt".

Wilhelm Andraschko, gebürtiger Wiener und mit seinem "Café Einstein" in Berlin zum Kaffeeguru avanciert, sieht den Stern der Milch in der Kaffeewelt allerdings etwas sinken, "die Milch ist für Anfänger zwar weiterhin der Zugang zum Espresso", generell werde zukünftig im Kaffee aber mehr Kaffee und weniger Milch zu finden sein. Außerdem nehme die Qualität der einzelnen Röstungen und Mischungen rasch zu, Plantagenkaffees und "Crus" werden nach Meinung des Exilwieners auch für den Heimmarkt früher oder später ein Thema sein. Den Trend vom Filterkaffee zum Espresso und die damit verbundene Lust an der Apparatur kann auch Andraschko feststellen, wobei er auch für den Filterkaffee langfristig eine Chance sieht, allerdings auch hier eher am hochqualitativen Sektor, mit speziell für diese Zubereitungsform kreierten Mischungen aus aromatischen Mittelamerika-Sorten. Die Sache mit den zusätzlichen Aromen sei jedenfalls gegessen, so Andraschko, "man will ja Kaffee und nicht einen Cocktail", sogar in den USA gehe dieses Segment des Kaffeemarktes stark zurück.

Tatsache ist, dass in Zukunft also mehr und besserer Kaffee getrunken wird, und schlafen kann man dann ja, wenn der nächste Rotweintrend kommt. (DERSTANDARD/rondo/floh/24/09/04)