"Ich bin voll einsatzbereit. Ob Österreich oder erneut Ausland."

Wien - Alfred Riedl hat neun Monate nach seinem Amtsantrittm als Fußball-Nationaltrainer Palästinas seinen Einjahres-Vertrag am Dienstag in Zürich aufgelöst. Nach der 0:3-Heimniederlage gegen Usbekistan und dem damit verbundenen Scheitern in der WM-Qualifikation hatten sich die wichtigsten Sponsoren der Nationalmannschaft zurückgezogen.

In den ersten beiden Spielen der Asien-WM-Qualifikation hatte der ehemalige österreichische Teamchef mit dem 8:0-Erfolg über Taiwan und dem 1:1-Remis gegen den Olympia-Vierten Irak angesichts der schwierigen politischen Situation Palästinas sensationelle Erfolge gefeiert.

Der ehemalige österreichische Fußball-Nationaltrainer erzählt im APA-Interview über seine Beweggründe für die Vertragsauflösung, die Zustände in Palästina, Journalisten, die "träumten" und seine Zukunftspläne.

Was waren die Hauptgründe für ihren Rücktritt als Teamchef Palästinas?

Riedl: Zunächst natürlich das Scheitern in der WM-Qualifikation. Hauptsächlich aber der Rückzug der wichtigsten Sponsoren des Nationalteams, wodurch ein seriöses Arbeiten unmöglich wurde. Zum nächsten Qualifikations-Spiel in Taiwan am 13. Oktober reist die Mannschaft etwa erst zwei Tage vorher an, obwohl die Spieler auf der ganzen Welt verstreut sind und ohnehin kaum Zeit zur Vorbereitung vorhanden ist.

Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Riedl: In ganz Europa wurde meine Arbeit und die Entwicklung des palästinensischen Teams mit Wohlwollen registriert. Man muss ja bedenken, dass es nicht einmal eine eigene Meisterschaft gibt. Von 20 Kaderspielern hatten 14 keinen Vertrag, vier spielten in zweiten Ligen und nur zwei in der ersten chilenischen Liga. Nur in Palästina selbst gab es immer härtere Kritik von Journalisten, die Träumer waren und die Umstände völlig falsch einschätzten. Dies führte dann dazu, dass auch Sponsoren und Verband Sachen erwarteten, die die Spieler überforderten. Zuletzt habe ich mir überlegt, erstmals in den Gaza zu fahren, um den Menschen persönlich zu erklären, was unter solchen Voraussetzungen möglich ist und was nicht. Durch den plötzlichen Rückzug der größten Sponsoren hat sich das aber nicht mehr ergeben.

Wie muss man sich die Umstände in Palästina vorstellen?

Riedl: Am besten anhand von Beispielen. Nach einem Spiel in Kairo, das an einem Mittwoch stattgefunden hatte, brauchten einige Spieler vier Tage für die Heimreise per Flugzeug und Bus. Die letzten Meter über die Grenze nach Gaza mussten sie samt Gepäck auf Eseln zurücklegen. Einfach unvorstellbar. Einem meiner Spieler zerstörte die israelische Armee mit Granatwerfern das Haus, weil sie unterirdische Tunnel unter dem Gebäude vermutete. Überhaupt muss man sich einmal vorstellen, irgendwo Fußball zu spielen, während zu Hause das Leben von Frau und Kindern ständig bedroht ist.

Wie war ihr Verhältnis zu den Spielern?

Riedl: Sehr gut, ich hatte mit den Spielern keinerlei Probleme. Im Gegenteil, ich habe eher versucht, den Druck von ihnen zu nehmen, der durch die unnötige und unberechtigte Kritik der Journalisten aufgebaut wurde. Für mich waren die Spieler Helden, die mit den Erwartungen überfordert wurden. Leider wurden die Anfangspläne, die ich mit Verband und Sponsoren entworfen hatte, über den Haufen geworfen.

Gibt es einen Nachfolger?

Riedl: Meines Wissens nicht. Wahrscheinlich wird es einer meiner Co-Trainer aus dem Gaza, die mir mehr oder weniger geholfen haben.

Wie sehen Ihre persönlichen Zukunftspläne aus?

Riedl: Damit habe ich mich noch nicht genau beschäftigt. Ich bin jedenfalls voll einsatzbereit. Ob Österreich oder erneut Ausland, wenn mir Vertrauen entgegengebracht wird, bin ich für neue Aufgaben offen.(APA)