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IV-Chef Veit Sorger sorgt sich um den Wettbewerb am Strommarkt.

Foto: Reuters/HEINZ-PETER BADER
Wien - "Wir fordern, dass sich Bund und Länder unter 51 Prozent an den Energieversorgungsunternehmen zurückziehen", sagte Veit Sorger, Präsident der Industriellenvereinigung, am Mittwoch vor Journalisten in Wien.

"Das heißt aber nicht, dass wir für eine Totalprivatisierung sind", beeilte sich der scheidende Chef des Papierkonzerns Frantschach festzustellen. Denn "durchaus klug" sei es nach wie vor, wenn die öffentliche Hand an Versorgungsunternehmen Anteile halte..

Wettbewerb unterbunden

Sorger begründete die Forderung nach einer Teilprivatisierung damit, dass durch die aktuellen Eigentümerverhältnisse - "durch den politischen Einfluss" - der Wettbewerb unterbunden werde. Die Industrie moniert seit längerem, dass man trotz Liberalisierung des Strommarktes - in Teilschritten seit 1999 - derzeit über dem Niveau der damaligen Strompreise liege. Darüber hinaus sei bedenklich, dass die öffentliche Hand sowohl Eigentümer wie auch Gesetzgeber und Kontrollor im Elektrizitätswesen sei.

Sorger nannte den Preiskampf im Telekomsektor als Wunschszenario für den Energiebereich: "Wäre die Telekom Austria nie teilprivatisiert worden, hätten wir diese Preise und diesen Wettbewerb jetzt nicht." Hier hätten sowohl die Kunden wie auch die Eigentümer und das Unternehmen selbst vom funktionierenden Wettbewerb profitiert, argumentiert der Industriellenpräsident.

Verfassungsgesetz

Wie die Privatisierung konkret durchgezogen werden könnte, würde je nach Unternehmen "maßgeschneiderten Lösungen" bedingen - "über die Börse, über Beteiligungen oder mit Finanzinvestoren".

Die Eigentümerstruktur der heimischen Elektrizitätswirtschaft wurde im so genannten Zweiten Verstaatlichungsgesetz im Jahre 1947 geregelt (unter dem damaligen KPÖ-Energieminister Karl Altmann).

Das heißt, dass für eine Änderung dieses im Verfassungsrang stehenden Gesetzes eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, sprich: die Stimmen der SP-Abgeordneten zusätzlich zu jenen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ vonnöten wären.

"Richtige Zeitpunkt?"

Heidi Glück, Sprecherin von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sagte auf STANDARD-Anfrage in einer ersten Reaktion: "Es gibt im Regierungsprogramm eine ähnliche Passage. Doch die Frage ist: Ist jetzt - mit den Nachwirkungen der Privatisierungsdebatten - der richtige Zeitpunkt?"

Der für Energiefragen zuständige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein erklärte, "aus meiner Sicht ist mittelfristig beim Verbund ein Rückzug auf 25 Prozent und eine Aktie vorstellbar".

Allerdings verwies auch Bartenstein auf die nötige Zustimmung der Sozialdemokraten im Parlament. DER STANDARD fragte bei der SPÖ um eine Stellungnahme an, bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe war eine solche allerdings nicht zu erhalten.

"Am Thema vorbei"

Beim Verbund hieß es zu den Forderungen: Abgesehen davon, dass man Fragen der Eigentümerschaft nicht zu kommentieren habe, gehe der Vorwurf, man stelle sich nicht dem Wettbewerb, "vollkommen am Thema vorbei".

Schon jetzt würden 60 Prozent der Umsätze im Ausland gemacht, "und dort ist von politischem Einfluss keine Spur", so Verbundsprecher Gerald Schulze zum STANDARD.

Auch Bartenstein nahm den Verbund vor den indirekten Vorwürfen, Wettbewerb zu verhindern, in Schutz: Der Verbund sei ein ausgezeichnet geführtes Unternehmen, ablesbar an Aktienkurs und Ergebnissen.

Der Minister: "Ich bin stolz auf die Entwicklung des Verbunds und danke dem Vorstand und den Mitarbeitern dafür." (Leo Szemeliker/DER STANDARD Printausgabe, 23.09.2004)