Wien - Nach und nach kommt Licht in die mysteriöse Waffenübergabeaktion, bei der Montag in Wien eine 39-jährige Frau aus Purkersdorf durch eine Handgranatendetonation getötet worden war. Ihr Bekannter und Arbeitgeber, Karl N. (38), der unter Mordverdacht steht, weist die Vorwürfe zurück. "Er beteuert, dass es ein bedauerlicher Unfall war", sagte Mittwoch sein Rechtsvertreter, Anwalt Herbert Eichenseder, zum STANDARD.

Weiteres Testament aufgetaucht

Bei den Ermittlungen gegen den 38-jährigen Verdächtigen sind die Beamten auf einen zweiten Todesfall aufmerksam geworden. Nach Angaben eines Sprecher des Innenministeriums und einem Bericht der "Kronen Zeitung" handelt es sich um einen weiteren mysteriösen Tod einer 87-jährigen Pensionistin im Jahr 1997.

Die Pensionistin hatte den verdächtigen Unternehmer aus Niederösterreich ebenfalls als Erben eingesetzt, wie auch die am Montag verstorbene Frau auf der Höhenstraße. Ein ähnliches Schreiben tauchte auch nach dem Tod der Pensionistin vor sieben Jahren auf, um die sich der 38-jährige Mann vor deren Tod gekümmert haben soll. Damals soll er ein Haus im Wert von mehreren Millionen Schilling geerbt haben. Die Staatsanwaltschaft Wien habe diesen damals als "mysteriös" eingegangenen Todesfall wieder aufgerollt und ermittele derzeit, so der Sprecher des Innenministeriums.

Helfersyndrom

Karl N. habe vor Wochen erfahren, dass ehemalige Balkankämpfer ihre ins Land geschmuggelten Waffen loswerden wollten. "Und da ist sein Helfersyndrom erwacht", meint Eichenseder. Wie sein Mandant schon früher Menschen aus Exjugoslawien unterstützt habe, habe er Hilfe zugesagt: N. übernahm die Waffen, stellte einen Kontakt zu News her, dessen Journalist informierte die Polizei.

Am 10. September ging noch alles glatt. Die Waffen wurden nahe der Westautobahn deponiert, News hatte seine Story und die Polizei das Kriegsmaterial. Teil zwei der angeblich freiwilligen Abrüstung endete dann bei der Höhenstraße fatal: beim Ausladen detonierte die Handgranate, N.s Angestellte, die nur behilflich sein sollte, starb.

Rätselhaftes Testament Da die Polizei noch nicht ausschließen kann, dass die Granate manipuliert war, wurde N. unter Mordverdacht verhaftet. Als belastend gilt, dass die 39-jährige Mutter eines Kleinkindes ihren Arbeitgeber testamentarisch zum Nutznießer einer 300.000-Euro-Lebensversicherung eingesetzt hatte. Außerdem wurde die Frau vor einigen Monaten bei einem Chlorgasaustritt verletzt. Die Polizei prüft, ob das bereits ein Mordversuch war.

"Alles Unsinn", meint Rechtsanwalt Eichenseder. Die beiden habe enge Freundschaft verbunden. "Keine Liebesbeziehung, sondern Freundschaft", so der Rechtsanwalt. Das sei kein Geheimnis gewesen, auch N.s Gattin und der Verlobte des Opfers hätten davon gewusst. Karl N. wurde Mittwoch in U-Haft überstellt. (APA,simo, DER STANDARD Printausgabe 23.9.2004)