STANDARD: Hat Sie das NPD-Ergebnis überrascht?
Wagner: Nicht überrascht hat mich das Überspringen der Fünfprozenthürde. In der Höhe war das Ergebnis aber mehr als erwartet. Ich rechnete mit maximal sieben Prozent.
STANDARD: Warum haben so viele Junge NPD gewählt?
Wagner: Nach der Wiedervereinigung konnte sich der Rechtsextremismus als Sozialisation vor Ort etablieren. Rechtsextremismus wurde ein Teil der Jugendkultur. Das fängt damit an, dass man sich nur in diesen Kreisen trifft, ein spezielles Aussehen hat, bestimmte Musik hört.
Das geht bis zum Essen: Döner ist undeutsch. Wenn jemand mit einem Punk gesehen wird, gibt das Ärger. In einer kleinen Kommune üben die Anführer eine große Macht aus. Wer nicht ausgeschlossen sein will, macht mit.
STANDARD: Aber viele Argumente sind doch irreal: Der Ausländeranteil liegt in Sachsen unter zwei Prozent.
Wagner: Da ist so ein Druck im Kessel gegen Ausländer, das ist von außen schwer nachzuvollziehen. Die Jugendlichen haben Angst vor der Arbeitslosigkeit, fürchten sich vor der EU-Osterweitung.
Das hat oft nichts mit Tatsachen zu tun. Das ist eine Gefühlslage: Gegen Ausländer, gegen Juden, gegen die USA sein. Das ist wie eine pseudoanalytische Weltordnung, wie eine politische Religion. Dazu kommt noch eine aufgestaute Aggression wegen vermeintlicher Beleidigung als Ostdeutsche.
STANDARD: Wie unterschieden sich NPD und DVU?
Wagner: Ideologisch sind sie sich sehr ähnlich. Die DVU trägt den Rassismus nur nicht so öffentlich zur Schau. Zentraler Unterschied ist, dass die NPD eine intakte Parteistruktur hat. Die DVU ist ein loses Konstrukt von Stammtischen, das ferngelenkt wird vom Münchner Verleger Gerhard Frey. Die NPD tritt öffentlich auf, die DVU eher virtuell.
STANDARD: Die NPD wird gemeinhin mit Neonazis gleichgesetzt. Trifft das zu?