Washington - Menschliche Zellen bilden eigenständig Morphium und verwandte Substanzen. Die Produktion verlaufe dabei ähnlich wie die von Opium beim Schlafmohn, berichten deutsche Wissenschafter im US-amerikanischen Magazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) vom Dienstag. Einer der Wirkstoffe im Opium ist Morphium. Mit ihrer Entdeckung widerlegen deutsche Forscher den Jahrhunderte alten Lehrsatz der Medizin, nach dem Menschen selbst kein Morphium oder andere Morphine bilden können.

"Wenn diese Morphine in der Tat mit dem Opiatrezeptor zu reagieren vermögen, wird die Medizin umdenken müssen", sagte Teamleiter Meinhart Zenk von der Universität Halle-Wittenberg. Auf diesem Wege könnten die körpereigenen Morphine starke Schmerzen bekämpfen, das Immunsystem beeinflussen und auf das menschliche Verhalten wirken. Es werde gerade untersucht, ob die in menschlichen Geweben gefundenen Morphium-Moleküle an Andockstellen für opiumähnliche Substanzen, so genannte Opiatrezeptoren, binden.

Reaktion auf extreme Schmerzen

Bisher wussten Mediziner nur, das so genannte Endorphine im Körper hergestellt werden. Diese größeren Moleküle wirken ebenfalls schmerzstillend. Sehr starke Schmerzen können möglicherweise nur die kleineren Morphine stillen, berichtete die Arbeitsgruppe um Zenk und Chotima Poeaknapo. So werde pflanzliches Morphium zum Beispiel zur Bekämpfung starker Tumorschmerzen eingesetzt.

Ähnlich starke Schmerzmittel müsse aber auch der Körper selbst herstellen. Welches Molekül bewirkt, dass einige Soldaten nicht spüren, wenn ihnen die Beine abgerissen werden, ist nach Aussagen von Zenk bisher nicht bekannt. "Es könnte sein, dass unter Schock das körpereigene Morphin solchen Schmerz völlig überdeckt."(APA/dpa)