Auf Korsika grassiert seit Monaten der Fremdenhass. 30 xenophobe Attacken der gravierenden Art wurden seit Jahresbeginn registriert, darunter eine Reihe von Bombenanschlägen. Erst am Freitag wurde ein Marokkaner ohne erkennbares Tatmotiv - außer Fremdenhass - erschossen. In der Nacht darauf wurde einer Angestellten des marokkanischen Konsulats das Auto in die Luft gesprengt.

In den drei Städten Bastia, Ajaccio und Porto-Vecchio ist die Atmosphäre so vergiftet, dass zwei Dutzend Einwandererfamilien Korsika aus Angst vor Anschlägen verlassen haben. Dies vor allem, nachdem junge Vermummte und Skinheads im März gegen Bewohner der Altstadt von Bastia, einem Einwandererquartier, eine Straßenschlacht angezettelt hatten.

Danach legten Unbekannte bei einem zugewanderten Fliesenleger Feuer. Am Tatort wurde das übliche Graffito "Arabi fora" gefunden - Korsisch für "Araber raus"; daneben das Kürzel CC. Die "Clandestini Corsi" gehören zum Dunstkreis der korsischen Separatisten. In ihren Flugblättern setzten sie Maghrebiner mit Drogenhändlern gleich.

Kampagnen geplant

Dabei ist diese Splittergruppe selbst Ausdruck jener kriminellen Elemente, die sich in der korsischen Unabhängigkeitsbewegung FLNC seit Jahren einnisten, was nun offen zutage tritt.

Wegen der starken Zunahme fremdenfeindlicher Akte trafen am Wochenende in Corte 500 Menschenrechtsaktivisten und Politiker - darunter auch Autonomisten - zusammen, um das Inselparlament zum Handeln aufzufordern.

Die Teilnehmer wollen mit Kampagnen verhindern, dass die "Insel der Schönheit" das Image einer "Insel des Fremdenhasses" erhält. Der korsische Präfekt Pierre-René Lemas meint, noch sei es nicht zu spät: "Es gibt zwar Rassismus auf Korsika, aber Korsika ist nicht rassistisch."

Allein der Umstand, dass es dieser Präzisierung bedurfte, spricht Bände. Die xenophoben Akte zerstören auch viele Sympathien, welche die "explosive" Autonomiebewegung weitum genossen hatte: Mit ihren Anschlägen gegen wild gebaute Villen französischer und anderer Nichtinsulaner bildete sie ein Korrektiv zur Immobilienkorruption und verhinderte damit auf ihre Art die Verschandelung der Insel. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.9.2004)