Eine Spitzenposition nimmt Österreich nur beim Forschungspersonal mittlerer Qualifikation ein.

Foto: Photodisc
Wien - Wenig Zeit zum Verschnaufen ist Österreichs Politik bei Forschung, Entwicklung und Innovation (F&E) gegönnt. Will die Alpenrepublik ihre allseits für gut befundenen Zensuren im sich verschärfenden Standortwettbewerb innerhalb der EU nämlich halten, braucht es eine weitere F&E-Offensive.

Der Grund: Österreich kann bei ausländischen Investoren zwar mit gut ausgebildeten Entwicklern, einem hohen Grad an F&E-Spezialisierung und Schutz geistigen Eigentums punkten (siehe Grafik); gut bestückt ist man hierzulande allerdings nur mit Forschungspersonal mittlerer Qualifikation, sagt Forschungs- und Innovationsexperte Norbert Knoll.

Deutliche Schwächen hat Österreich hingegen bei akademischen Forschern, also in der Spitzenforschung. Diesen Mangel diagnostiziert auch die jüngste OECD-Bildungsstudie. Für den Wirtschaftsstandort Österreich könnte dieser Mangel über kurz oder lang dramatische Folgen haben, denn die Mehrzahl der 270 für die Wifo-Studie "International orientierte Unternehmen in Österreich" befragten Unternehmen wollen ihren F&E-Personalstand in Österreich zwar ausweiten. Die ausländischen Konzernableger würden von der geplanten Intensivierung aber stärker profitieren als deren "Konzernschwester" Österreich.

Zu wenige verfügbare Hochqualifizierte, die an der Uni das Forschen gelernt haben und damit in Unternehmen für Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit sorgen, sind aber nur ein Grund für eine mögliche Abwanderung. Immerhin 38 Konzernableger gaben bei der Befragung Anfang 2004 an, F&E-Kompetenzen verloren zu haben. Knoll ortet weitere Gefahrenquellen:

Fusionen und Übernahmen

In rund einem Drittel der Fälle führte eine Fusion oder Übernahmeaktivität zu einer Reduktion oder Einstellung der F&E-Aktivitäten in Österreich. Interessantes Detail: Je schwächer eine F&E-Abteilung im Gesamtkonzern etabliert ist, desto größer die Gefahr, dass sie an einem anderen Konzernstandort konzentriert bzw. mit einem Konkurrenten fusioniert wird.

Trend zur Zentralisierung

führt häufig zur Bildung von Kompetenzzentren nach Segmenten und Branchen. Eine Möglichkeit der Absicherung für den Standort ist ein hoher Grad an Spezialisierung, sodass das Konzern-Know-how an einem Ort gebündelt ist.

Technologiewechsel

Ein hoher Grad an Spezialisierung birgt aber das Risiko in sich, bei einem Technologiewechsel in einer Sackgasse zu landen. Ein Beispiel: Bildröhren, die von LCD-Schirmen abgelöst wurden. "Deshalb sind große Durchbrüche, die zu völlig neuen Entwicklungen führen mindestens genauso wichtig, wie laufende Verbesserungen eines Produkts."

"Züchtung" wissenschaftlichen Nachwuchses

Ist insbesondere für kleinere Unternehmen ein Problem, weil kostenintensiv. Wird durch Kompetenzzentrenprogramme und Christian-Doppler-Labors erleichtert, weil staatlich gefördert. (Luise Ungerboeck, Der Standard, Printausgabe, 20.09.2004)