London - Der britische Premierminister Tony Blair soll bereits mindestens ein Jahr vor Beginn des Kriegs gegen den Irak den Plänen der USA für einen Angriff gegen das Regime von Saddam Hussein zugestimmt haben. Dies geht nach einem Bericht der "Sunday Times" aus geheimen Regierungsunterlagen hervor. Blair hat derartige Aussagen stets bestritten und behauptete bis zur Parlamentsabstimmung Ende Februar 2003, über einen Krieg gegen den Irak sei noch keine Entscheidung getroffen.

Wenige Tage vor dem Parteitag seiner Labour-Partei (26.-30. September) sieht sich Blair damit neuerlich mit dem Thema Irak konfrontiert. Am Samstag war ein ebenfalls vertrauliches Papier des Außenministeriums bekannt geworden, in dem der Premier vor den Schwierigkeiten einer Stabilisierung des Irak nach einem Regimewechsel gewarnt wurde. Angesichts der anhaltenden Welle der Gewalt streitet die britische Regierung nun offenbar über eine Verstärkung oder eine Verringerung der Militärpräsenz in dem Land.

Wiederaufnahme der Waffenprogramme?

Blair behauptet bis heute, dass der Sturz Saddams nicht Ziel des Militäreinsatzes gewesen sei, wenngleich er mittlerweile einräumen musste, dass die von ihm als Grund genannten Massenvernichtungswaffen des Irak "wahrscheinlich nie gefunden werden". Zu einem ähnlichen Ergebnis wird nach Zeitungsberichten auch die Iraq Survey Group in ihrem Endbericht kommen. Angaben der "Sunday Times" zufolge sollen allerdings Indizien für Absichten der irakischen Führung gefunden worden sein, Arbeiten an nuklearen, biologischen und Langstrecken-Waffen wieder aufzunehmen.

Der Vorwurf gegen Blair, einem Krieg gegen den Irak lange vor Befassung des Parlaments zugestimmt zu haben, deckt sich mit den Anschuldigungen einer Gruppe von Abgeordneten, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Regierungschef einleiten wollen. Gestützt auf juristische Gutachten wird Blair vorgeworfen, die Öffentlichkeit und das Parlament belogen zu haben. Wie der "Guardian" berichtet, findet die Initiative derzeit trotz ihrer wahrscheinlichen Aussichtslosigkeit wachsende Unterstützung unter Parlamentsabgeordneten. (APA)