Wien - Bei den Zahlen war man zwar nicht sattelfest, in der Tendenz waren sich die Gewerkschafter aber sicher: Ob den Arbeitnehmern im heimischen nun "eine Milliarde Euro" oder "Hunderte Millionen" vorenthalten werden, konnten die am Mittwoch bei einer Pressekonferenz versammelten Privatangestelltengewerkschafter nicht sagen.

Dass es aber "Problemfelder" gibt, die "auch hohen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten", so Bereichssekretär Manfred Wolf. Darauf will GPA weiter öffentlich hinweisen. Nachdem Rewe Austria (Billa, Merkur, Bipa) nun Gesprächsbereitschaft nach den Vorwürfen nicht korrekt bezahlter Überstunden gezeigt hatte, wollen die Arbeitnehmervertreter weiter Druck machen.

Mit der Rewe-Spitze treffen sich die GPAler übrigens am Donnerstag, um eine Vereinbarung zu unterzeichnen, mit der eine gemeinsame Evaluierung der Zeiterfassungssysteme ermöglicht werden soll.

Systematisch übervorteilt

Übervorteilt werden die Arbeitnehmer im Handel laut GPA systematisch und zwar mittels falscher Einstufung in die Gehaltsschemata oder einer inkorrekten Abgeltung von Mehrleistungen, sprich: Überstunden werden nicht bezahlt. Dabei gingen auch der Sozialversicherung hohe Beträge verloren (wie hoch die seien könnten, werde noch berechnet, so die GPA).

Eine Musterrechnung legte duie GPA aber schon vor: Eine teilzeitbeschäftigte Verkäuferin, die für 20 Stunden 623,40 Euro pro Monat bekommt, schenke dem Unternehmen pro Jahr 991,60 Euro, wenn sie nur eine halbe Stunde vor Dienstbeginn und eine halbe Stunde danach zwecks "Vorbereitung" und "Abschluss" länger im Betrieb bleibt, ohne dafür entlohnt zu werden.

Dies ist in vielen Handelsbetrieben Usus. Die GPA rechnet weiter. Ein Konzern mit 30.000 Arbeitsplätzen (sprich: in etwa Rewe, Spar) "erspare" sich so 29,8 Mio. Euro an Personalkosten und 5,3 Mio. Euro an Dienstnehmerbeitrag zur Sozialversicherung.

Mehr Betriebsräte

Die Gewerkschaft urgiert weiters die Bildung von Betriebsräten in "jenen Branchen, wo auch der Verdrängungswettbewerb stark ist", so GPA-Geschäftsbereichsleiter Karl Proyer. Konkret nennt Proyer Unternehmen wie Baumax und Hornbach (Baumärkte) sowei Kika/Leiner und Lutz (Möbel), in denen angeblich Betriebsratsbildungen verhindert worden seien.

DER STANDARD fragte exemplarisch nach: Baumax und Lutz ließen wissen, ihre Mitarbeiter wollten keinen Konzernbetriebsrat. An einzelnen Standorten sei einer entstanden, wenn dies gewünscht worden sei.

Die Wirtschaftskammer verwehrte sich gegen Pauschalverurteilungen. "Vor allem im Einzelhandel herrscht ein extremer Wettbewerbsdruck, unter dem nicht nur Arbeitnehmer, sondern vor allem auch die Unternehmer von klein- und mittelständischen Betrieben leiden. (Leo Szemeliker/DER STANDARD Printausgabe, 16.09.2004)