Caroline Knapp
Hunger
Warum Frauen begehren
Patmos Verlag, 2004
298 S. / 19,90 Euro
ISBN: 3530421812
photonica.com/Gudrun Pawelke
Die Möglichkeit für Frauen scheinen heutzutage schier unerschöpflich: wir können Astrophysikerin, Historikerin oder Redaktionschefin einer großen Zeitung werden. Erschwingliche Verhütungsmethoden ermöglichen sorgenfreien Sex und wenn es uns nicht passt, verziehen wir uns ans andere Ende des Landes, oder mittlerweile sogar in ein weiteres Mitgliedsland. Alles "brave new world", oder was?

Mitnichten, wie Caroline Knapp in ihrem letzten Buch "Hunger. Warum Frauen begehren" in für uns allen bekannten Bildern nachzeichnet. Knapp, selbst über Jahre hinweg magersüchtig und alkoholabhängig, versucht der weiblichen Sehnsucht auf die Spur zu kommen. Doch, Sehnsucht wonach? Wo uns doch alle Verheißungen aus den Regalen der Weltwirtschaft aufmunternd zuwinken?

Hunger in einer Welt aus Kasteiungen

Schätzungen zufolge sollen 80 bis 90 Prozent aller Frauen in der USA am Morgen Selbstekel verspüren. Frauen haben dreimal so häufig eine negative Körperwahrnehmung als Männer und 80 Prozent von ihnen waren schon einmal auf Diät. An jedem beliebigen Tag macht die Hälfte von ihnen gerade eine Diät und die Hälfte aller Frauen gibt an, mit ihrem Körper ständig unzufrieden zu sein.

Caroline Knapp beschreibt mehrere Angelpunkte, die das Leben von Frauen in einem ständigen Teufelskreis von Bescheidenheiten und Gelüsten, Selbstkasteiungen und Geißelungen gefangen halten. Wieso schrecken wir davor zurück, selbstbewusst und fordernd durchs Leben zu schreiten? Woher die Angst, Können und Wissen zuzugeben?

Hunger und Ohnmacht

Zuallererst nennt sie die Verquickung vermeintlich überbordender Möglichkeiten, unser Leben zu gestalten mit der fehlenden Macht in den Händen der Frauen. Selbst renommierte Wissenschaftlerinnen ertappen sich bei der Frage, ob es ihnen wirklich zustünde, über einen bewilligten Forschungsantrag Freude und Stolz zu empfinden. Immer schön bescheiden bleiben ...

Ebenso nennt Caroline Knapp die gespaltene Rolle der Frau, sowohl Subjekt, als auch Objekt der Werbung zu sein. Einerseits würden Frauen als Käuferinnen angesprochen, mit Verheißungen auf Sinnlichkeit und Anerkennung. Andererseits sind Frauen ebenfalls Objekte der Werbung, was dazu führt, dass sie auch zu sehen bekommen, wie sie zu sein haben. Sexy, erotisch, jederzeit zu Diensten. Zu Diensten, um den Hunger anderer zu stillen. Woran schließlich und endlich dann aber der eigene Hunger verhungert. Caroline Knapp stellt viele Fragen, gibt wenige Antworten und bringt dadurch vieles in Bewegung. Lesenswert!

***

Karoline Knapp verstarb im Jahre 2002 im Alter von 42 Jahren.

(e_mu)