Die Zeit der illegalen Hausbesetzungen in Wien ist lange vorbei, aber viele erinnern sich noch daran, verbinden Straßennamen wie Gassergasse und Aegidigasse mit einer aufregenden Zeit. "Squatting" bedeutete, alte Räume mit neuen Utopien zu besetzen.

In Tanz und Performance wuchert das Utopische weiter und vermischt sich mit gegebenen Rahmenbedingungen. Die Choreografin Jennifer Lacey und die Szenografin Nadia Lauro aus Paris übertragen die Idee der Besetzung auf die Bühne. Ganz legal. Aber dennoch passiert ein Bruch von (Kunst-)Regeln. Denn in Diskreter seitlicher Eingang - A squatting project werden Bühnenbilder, also Areale "originären" Schaffens, geentert und so symbolisch redefiniert.

Eine Anstiftung

Lacey und Lauro haben Wiener Künstler und Tänzer dazu angestiftet, bei ihren Besetzungsaktionen mitzumachen. So werden sie gemeinsam etwa mit Superamas, Milli Bitterli, Anne Juren, Jack Hauser und Oleg Soulimenko die Bühnen von Jan Fabre, Meg Stuart und Benoît Lachambre sowie einer Kabuki-Truppe jeweils nach deren Vorstellungen entern und mit ihrer Präsenz überspielen.

"Eine Show, die eine Besetzung des Bühnenbildes eines heiligen Betreibers vornimmt", meint Lacey. "Wir werden die temporären Grenzen des Theaters erweitern und die wahre Atmosphäre des Raumes aus dem Nebel der falschen Neutralität hervorlocken." Nachsatz: "Das ist eine soziale Mission."

Diskreter seitlicher Eingang ist Ergebnis einer Kooperation des TQW mit dem Siemens Arts Program, das seinerseits unter der Devise "Kein Vorhang - kein Applaus" performative Künstler einlädt, installative Arbeiten für Theaterräume zu entwickeln. Für das Tanzquartier ergibt sich so ein weiterer Themenschwerpunkt: die Untersuchung des Phänomens Bühne im künstlerischen Kontext. (ploe/SPEZIAL/DER STANDARD, Printausgabe, 14.9.2004)