Berlin - Am ersten Tag des Prozesses gegen ranghohe DDR-Grenzoffiziere in Berlin hat der Staatsanwalt betont, die Angeklagten hätten bewusst in Kauf genommen, dass Menschen an der Berliner Mauer starben. Die vier Angeklagten, die heute 63 bis 71 Jahre alt sind, schwiegen zu den Vorwürfen. Ein früherer Oberst erklärte am Rande der Verhandlung, "ich fühle mich nicht schuldig". 15 Jahre nach dem Fall der Mauer hatte am Dienstag der letzte Prozess gegen ranghohe DDR-Grenzoffiziere begonnen. Vier ehemalige Militärs sind der Beihilfe zum Totschlag an vier Flüchtlingen angeklagt.

Der Staatsanwalt hob vor allem den Einsatz der an der Grenze montierten Selbstschuss-Anlagen vom Typ SM 70 hervor. "Die SM 70 waren gnadenlos tödlich, wenn man ihnen zu nahe kam."

"Schande"

Der frühere Chef der DDR-Grenztruppen, Klaus-Dieter Baumgarten, nahm als Beobachter am Prozess teil. Er sprach von "einer Schande, dass nach 15 Jahren noch ein solcher Prozess geführt wird". Er sagte, die DDR-Flüchtlinge hätten um die Gefahr gewusst.

Bei der Vorstellung seines Buches zur DDR-Grenze hatte Baumgarten im August erklärt, die DDR-Grenze habe den Frieden gesichert. Dazu gehörte auch der von den Sowjets angeordnete Einsatz von Minen.

"Das Element der Abschreckung war deutlich gekennzeichnet und nur für den eine Gefahr, der sich in Gefahr begab." Es habe nie einen Schießbefehl gegeben. Die DDR-Grenzer hätten ihrem Staat mit sauberen Händen gedient. Baumgarten wurde nach der Wiedervereinigung Deutschlands zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt und später begnadigt.

Seit 1990 wurden zahlreiche Ex-Grenzsoldaten und Mitglieder der Führungsebene zur Rechenschaft gezogen. Die meisten Mauerschützen bekamen Bewährungsstrafen. Der letzte DDR-Staats-und Parteichef Egon Krenz erhielt sechseinhalb Jahre Haft. Er ist heute auf Bewährung frei. Der aktuelle Prozess wird am 24. September fortgesetzt. (APA/dpa)