Fazit: Vom Arbeitnehmer wird totale Flexibilität erwartet - von der Arbeitszeit über den Arbeitsort bis hin zur Beschäftigungsform. "Globalisierung zeichnet sich gesamtwirtschaftlich dadurch aus, dass Waren, Personen, Unternehmensstandorte, Dienstleistungen und Kapital weltweit verbunden sind", konstatierte AMS-Vorstandsvorsitzender Herbert Böhm, der vergangene Woche den Workshop zum Thema Zukunft des Arbeitsmarktes am Europäischen Forum Alpbach leitete.

Mikroökonomisch bedeutet Globalisierung, dass Personen und Unternehmen ihre Aktivitäten geografisch grundsätzlich nicht begrenzen und dort tätig sind, wo sie die günstigsten Bedingungen vorfinden.

Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation und Mikroelektronik ebnen den Weg dorthin: Für 2005 wird die Zahl der Internetnutzer auf weltweit 750 Millionen bis eine Milliarde Menschen geschätzt. Die Produktivität der Unternehmen steigt, die Kosten für die Kommunikation sinken. Aufgaben werden in Länder mit geringeren Arbeitskosten ausgelagert.

"Die nationale Arbeitsmarktpolitik ist in wesentlichen Teilen durch einen Standortwettbewerb bestimmt", hält Böhm fest. Staaten konkurrieren auf den internationalen Faktormärkten um die mobilen Produktionsfaktoren, denn wenn Kapital, technisches Wissen oder hoch qualifizierte Arbeitskräfte abwandern, verschlechtert dies die Chancen für Realeinkommen und Beschäftigung.

Eine Befragung der Wirtschaftskammer unter 5600 Mitgliedern im Jahr 2003 hat ergeben, dass durchschnittlich zwölf Prozent der Unternehmen irgendeine Art der Verlagerung von Produktion, Dienstleistung oder anderen Aktivitäten in die neuen EU-Mitgliedsstaaten planen.

Auch die wirtschaftliche Bedeutung der drei Wirtschaftssektoren (Land- und Forstwirtschaft, Güterproduktion, Dienstleistungen) hat sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich verändert.

Im Dienstleistungsbereich waren erstmals in den 70er-Jahren mehr Personen beschäftigt als im Bereich Gewerbe und Industrie. Von 1970 bis heute sind mehr als eine Million neue Dienstleistungsjobs entstanden. Aktuell sind im Dienstleistungsbereich rund 70 Prozent aller unselbstständig Beschäftigten tätig und erwirtschaften rund zwei Drittel der Wertschöpfung. Für die kommenden Jahre wird eine Fortsetzung dieser Entwicklung erwartet (Zunahme von Beschäftigung im Dienstleistungssektor, Rückgang von Beschäftigung im Produktionssektor).

Neben den Verschiebungen innerhalb der einzelnen Wirtschaftssektoren haben sich auch die Arbeitsverhältnisse gewandelt. Der traditionelle Arbeitsvertrag der Industriegesellschaft war dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer dem Unternehmen den Einsatz seiner Arbeitskraft zur Verfügung stellt und das Unternehmen ihm ein sicheres Arbeitseinkommen zahlt und ihm dadurch das Risiko der Vermarktung des Produktionsergebnisses abnimmt. An den Faktor Arbeit werden heute neue Anforderungen gestellt. Neben Fachkompetenz sind soziale und methodische Kompetenz gefragt, und vor allem kommt es immer mehr auf das Resultat der Arbeit an und nicht auf den gemessenen Zeitaufwand.

Arbeitsverträge werden zunehmend in Form von Werkverträgen oder freien Dienstverträgen individualisiert, stellen verstärkt auf das vom Einzelnen erzielte Ergebnis ab. Zudem ist Arbeit nicht mehr eine räumlich oder zeitlich vordefinierte Erwerbstätigkeit. (Der Standard, Printausgabe 11./12.9.2004)