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Nicolas Sarkozy will den Weg zu Mindeststeuersätzen in der EU weisen.

Foto: Reuters/ROBERT PRATTA
Ein erster Schritt ist gemacht: Die EU-Finanzminister haben bei ihrem Treffen am Wochenende beschlossen, die Einführung gemeinsamer Steuerregeln zu prüfen. Experten sollen in einer Arbeitsgruppe Vorschläge erarbeiten, wie eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für Unternehmenssteuern aussehen könnte.

Die Angleichung der Bemessungsgrundlage hätte den Effekt, dass grenzüberschreitende Unternehmen ihre Steuern nach einheitlichen Regeln berechnen können.

So weit, so unumstritten und von der EU-Kommission unterstützt. Für manche Staaten ist der Plan für eine gemeinsame Bemessungsgrundlage aber nur der erste Schritt auf dem Weg zur Harmonisierung von Unternehmenssteuern.

Frankreich als Vorreiter

Frankreichs Finanzminister Nicolas Sarkozy hat sich zum Vorreiter im Kampf der Nettozahler gegen Steuerdumping gemacht und beim Finanzministertreffen Radikales gefordert: Mitgliedsstaaten, deren Steuersätze unter dem Durchschnitt liegen, sollen keine Gelder aus dem milliardenschweren EU-Strukturförderungstopf erhalten.

Betroffen wären die Erweiterungsländer. In Estland muss auf reinvestierte Gewinne keine Steuer bezahlt werden, in Polen und der Slowakei liegt der Steuersatz bei 19 Prozent - in Deutschland und Frankreich bei 34 bis 40 Prozent. Die Nettozahler finanzieren den Sturkturförderungstopf für die Erweiterungsländer zu einem guten Teil.

Beispiel Irland

"Sarkozy hat den Finger auf eine Situation gelegt, die etwas anormal ist", gestand der neue Mister Euro, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, ein. Belgiens Finanzminister Didier Reynolds unterstützte Sarkozys Vorschlag - auch mit dem Verweis auf Irland: Das von EU-Fördermitteln großzügig unterstützte Irland hatte sich in den 90er-Jahren zum EU-Staat mit der am schnellsten wachsenden Wirtschaft gemausert, auch wegen eines Unternehmenssteuersatzes von 12,5 Prozent.

Die Erweiterungsstaaten wehrten sich am Wochenende gegen diese Argumentation. Ihr Standpunkt lautet: Gerade weil ihre Länder relativ arm sind, seien die Steuern gesenkt worden. "Niedrige Steuern sind ein guter Weg, die Wirtschaft anzukurbeln", formulierte Estlands Finanzminister Taavi Veskimagi.

Flammende Unterstützung von der Insel

Flammend unterstützt wurden die Erweiterungsländer von den Briten: "Steuerwettbewerb ist notwendig", wehrte sich Gordon Brown gegen Harmonisierungswünsche.

Da Steuerangelegenheiten nur einstimmig beschlossen werden können, setzt sich Deutschland für einen Kompromiss ein: Finanzminister Hans Eichel will eine Bandbreite, in der sich Steuersätze bewegen sollen - und Strukturfördergelder kassiert werden. Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser kann sich höchstens einen Mindeststeuersatz von etwa 15 Prozent vorstellen. (DER STANDARD Printausgabe, 13.09.2004)