Hotel Aenea in Sekirn

... aber sie können auch ordentlich nerven, meint Susanne Mitterbauer.


Unumstritten ist: Wer ein Designhotel eröffnet, wird besonders beachtet, hat a priori viel Medieninteresse und Resonanz. Die guten Auslastungszahlen solcher Hotels sprechen für sich. Aber es ist immer eine gewisse Gratwanderung. Da sind die Koryphäen der Designzunft, man denke nur an Starck, Thun und Konsorten, die sich ungern in ihre Konzepte dreinreden lassen. Andererseits gibt es die Unbekannten, die zwar eher mit sich reden lassen, aber eben nicht so verkaufsfördernd sind - und bei denen das Resultat fallweise zu wünschen übrig lässt.

Es werden nämlich auch in diesen Lifestyle-Herbergen dieselben Fehler gemacht, wie sie in der normalen Hotellerie noch immer an der Tagesordnung sind, zum Beispiel keine ordentliche Beleuchtung beim Bett und im Badezimmer oder keine Sitzmöglichkeiten, die das Prädikat "erholsam" verdienen würden. Überdies sind manche Herbergen - etwa Starcks legendäres "Delano" in South Miami Beach oder das türkische Vorzeigeprojekt "Hillside Su" in Antalya - dermaßen durchgestylt, dass jede visuelle Störung wie ein Vergehen gegen das Gesamtkonzept anmutet. Die Angestellten sehen zwar aus wie Models und passen vorzüglich ins elitäre Ambiente, die Gäste allerdings oft weniger und kommen sich leicht deplatziert vor. In einem mönchisch kargen, detailliert gestylten Zimmer, wo jeder Farbtupfer - der grüne Apfel, die rote Javalampe, der gelbe Goldfisch im Glas - durchdacht gesetzt ist, kann das simple Hinlegen eines persönlichen, weniger trendigen Gegenstandes schon Gewissensbisse auslösen.

Dazu kommt, dass der Begriff Designhotel weder geschützt noch wirklich definiert ist. Manche denken, es genügt, einen runden Waschtisch frei ins Badezimmer zu stellen oder moderne Kunst an die Wand zu hängen. Auch die weiße Orchidee an der Rezeption macht noch keinen Lifestyle. Einen Überblick gibt die deutsche Hotelgruppierung Designhotels: designhotels.at


Die Kriterien

Für den STANDARD-Test wurden nur österreichische Hotels herangezogen, besonderes Augenmerk wurde auf den ersten Eindruck in der Lobby, die Zimmer und Bäder gelegt. Die Bewertung erfolgte nach Schulnoten-System.


Die Ergebnisse

Das Elitäre: Hotel Aenea in Sekirn
www.aenea.at
Auf schöner Hanglage über dem Wörthersee liegt ein kleiner Solitär. Die Halle geleitet direkt ins Restaurant und weiter auf die herrlichen Terrassen. Ein Steg führt hoch über den See, ein Lift ans Ufer. Das minimalistische Design des gesamten Hauses wirkt leicht und sympathisch, weil es keinen visuellen Lärm macht. Kein Fehler beleidigt das Auge. Lärm ist hier überhaupt ein Fremdwort. Jede der 15 Suiten ist ein Genuss: Weiche, beige-braun-graue Farbgebung, keine gewollt wirkenden Farbtupfer, die Möbel einfache Kuben oder Würfel ohne Schnickschnack, viele kleine Lichtinseln. Das Badezimmer ist von Starck, die Wanne eine weiße, an einen Sarkophag erinnernde Skulptur, die Armaturen pur und zweckmäßig. Am Dach das Meisterwerk einer Wellnessoase. Der Pool führt visuell direkt in den See, wehende Vorhänge separieren den Ruheraum, Sauna und Dampfbad sind pfiffiger als üblich. Note: 1 Das Alpenländische: Das Parkhotel in Hall/Tirol
www.parkhotel-hall.com
Gleich anschließend an die prächtige Altstadt am Inn prangt ein hoher, kreisrunder, schwarz schimmernder Turm, der überraschenderweise den Stadtwerken gehört und ein Hotel ist. Dessen weite, maßvoll gestylte Halle mit einer ungemütlichen Sitzgruppe - wie häufig zu sehen - empfängt den Gast, eine nette Bar lädt zum Verweilen ein. Die Zimmer sind wie Tortenstücke geschnitten. Die Fensterfront reicht über den gesamten Raum bis zum Boden und erlaubt prachtvolle Ausblicke auf die Nordkette und das Inntal. Durchdachte Vorrichtungen verdunkeln bei Bedarf das Zimmer. Die Einrichtung ist stylish und schön, ohne sich besonders in den Vordergrund zu drängen. Außerdem kann sie leicht verstellt werden, um den Raum auch als Besprechungszimmer zu benutzen. Das Bad ist ohne jeden Schnickschnack, weiß, modern, mit einem eckigen Waschtisch, was schon selten geworden ist und auch seine Meriten hat - kurz: allen Ansprüchen gerecht werdend. Note: 2
Das Aktuelle: Hotel Rathaus in Wien
www.hotel-rathaus-wien.at
Ein schönes, altes, im Inneren jedoch vollkommen neu gestaltetes Haus in Mariahilf. Die Zimmer sind von schlichter Eleganz, und jedes ist einem bekannten Winzer zugeordnet, dessen Kreszenzen dann auch in der Minibar zu finden sind. Weiße Wände, braun-beige Möbel, ein dimmbarer Lichthimmel über dem Bett, das - Designhotel-typisch - keine Überdecke hat, der Hohlraum darunter kann als Stauraum für Koffer genutzt werden. Ebenso reduziert das offene Bad: Ein simpler Waschtisch, genügend Glasetageren, Spiegelbeleuchtung von vorne und eine praktische, wellenförmige Schale zum Auflegen diverser Stifte, die so nicht wegrutschen können. Ein nach beiden Seiten offenes Bord führt wieder zum Zimmer zurück. Fazit: gutes Design, aber nicht außergewöhnlich. Note: 2 Das Erste: Das Triest in Wien
www.dastriest.at
Als 1996 das Biedermeierhaus in der Wiedner Hauptstraße neu gestaltet wurde und der englische Designer Terence Conran sein erstes Hotel ablieferte, war alles noch sehr ungewohnt und gewagt. Man ahnte Furchtbares und gab dem Haus wenig Überlebenschancen. Heute gehört es zu den bestgebuchten der Stadt. Die Halle ist klein, mit einem herrlichen Blick auf den begrünten Innenhof. Klassische Moderne ist hier das Stichwort. Sie bleibt dezent, drängt sich nicht auf, hat aber auch keine Design-Höhepunkte anzubieten. Die Zimmer haben bunte, sitzfreundliche Möbel, schwenkbare Spiegel und besonders hübsche Beleuchtungskörper. Das Bad ist klassisch weiß mit blauen Bordüren, einem eckigen Waschtisch und einem runden von vorne beleuchteten Spiegel. Es fehlt nichts, aber es regt auch nichts auf oder an. Note: 2 Das Größte: Hotel Le Meridien in Wien
www.lemeridien.com
Hinter der denkmalgeschützten Fassade verbirgt sich ein modernes Kettenhotel am Ring. Die große, etwas angestrengt gestylt wirkende Halle lässt erste Ängste vor den Zimmern aufkommen. Diese überraschen dann mit pfiffigen Details wie einem urgemütlichen Sofa, obwohl das Wort gemütlich für ein Designhotel nicht wirklich ein Kompliment sein dürfte. Andererseits fehlt es nicht an Ärgerlichkeiten wie der von hinten beleuchteten, künstlerisch gestalteten Glaswand hinter dem wunderbaren Bett, die ein unangenehm grünliches, für den Teint sehr unvorteilhaftes Licht verbreitet. Im Bad überschwemmt die offene Powerdusche den ganzen Boden, die frei stehende Wanne mit den Löwenfüßen ist lustiger anzusehen als zu gebrauchen, und die runde Waschschüssel steht so weit vor, dass man sich immer anstößt. Note: 3 Die Autorin ist Reisejournalistin und als solche berufsbedingt oft in Hotels zu finden. (DER STANDARD, Printausgabe vom 11./11.9.2004)