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Jean-Claude Juncker (l.) wird "Mister Euro", Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser für eineinhalb Jahre sein Stellvertreter.

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Allein gegen fast alle – so verliefen für die Briten die Kampflinien im EU-Budgetpoker. Der britische Finanzminister Gordon Brown reiste mit dem Vorsatz zum Finanzministertreffen am Freitag, den "Britenrabatt" zu retten. Dieser von Margaret Thatcher ertrotzte Nachlass ersparte Großbritannien bisher EU-Beiträge von fast fünf Milliarden Euro pro Jahr. Im Budgetvorschlag für die Jahre 2007 bis 2013 will die EU-Kommission diesen speziellen Britenrabatt reduzieren und statt dessen alle Nettozahler mit einem Abschlag entlasten. Streit um Britenrabatt

"Wir müssen zu einer faireren Verteilung kommen", appellierte der deutsche Finanzminister Hans Eichel. Und der amtierende Vorsitzende der EU-Finanzminister, der Niederländer Gerrit Zalm, wurde als Moderator deutlich: "Sogar die Briten können verstehen, dass eine unterschiedliche Behandlung gleicher Staaten nicht ewig fortsetzbar ist."

Diese Kampfeslinie zwischen den Briten und dem Rest der EU-Welt war nicht die einzige Front beim Finanzministertreffen. Die andere verläuft zwischen Nettozahlern und 15 Staaten aus Süd- und Osteuropa: Die Empfänger wollen das Budget aufstocken, davon würden sie profitieren. Die Nettozahler hingegen – unter ihnen Österreich – wollen das EU-Budget auf 1,0 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) beschränken.

Erhöhung der Gesamtausgaben

Der Vorschlag der EU-Kommission sieht hingegen eine Erhöhung der Gesamtausgaben auf 1,14 Prozent des BNE vor. In Zahlen sollen die Ausgaben in der nächsten Finanzperiode von 100 auf 143 Milliarden Euro pro Jahr steigen. Dagegen wehrt sich etwa Deutschlands Finanzminister Hans Eichel. Er beharrt darauf, das Budget auf 1,0 Prozent zu beschränken. Eichel will sparen – etwa durch eine Umschichtung der milliardenteuren Strukturgeldern: "Die Förderungen müssen sich auf besonders Bedürftige konzentrieren. Wir müssen die Förderungen aus den EU-15 auf die Beitrittsländer umschichten."

Das würde zwar auch für Deutschland weniger Förderungen bedeuten – vor allem aber für Spanien, Irland, Portugal und Griechenland. Wenig überraschend sind die Empfängerstaaten gegen diese Idee. Ein Konsens wurde beim Finanzministertreffen nicht erzielt – das wird noch dauern. Der Budgetrahmen 2007 bis 2013 soll Mitte kommenden Jahres vereinbart werden.

Mister Euro gekürt

Eine Entscheidung fiel schon am Freitag: Der Luxemburger Jean-Claude Juncker wurde zum ständigen Vorsitzenden der Euro-Länder gewählt. Bisher rotierte der Eurogruppenvorsitz (wie die EU-Präsidentschaft) alle sechs Monate. Juncker wird ab 2005 Mister Euro. Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte gegen diese Kür Bedenken, gab sie auf – und wird für 1,5 Jahre Vize. Das hat den technischen Grund, dass das Land, das die EU-Präsidentschaft innehat, den Vizevorsitzenden stellt. In der ersten Hälfte 2005 hat aber Luxemburg den Vorsitz – Juncker kann nicht sein eigener Vize sein. Nach Luxemburg hat Großbritannien den EU- Vorsitz, als Nicht-Euro-Land kann es nicht den Eurogruppen-Vize stellen. Nach Großbritannien ist Österreich mit dem EU-Vorsitz an der Reihe – also wird Grasser von Anfang 2005 bis Mitte 2006 Mister Vize-Euro. (Eva Linsinger aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11./12.9.2004)