Wien - Eine hat es angeblich geschafft. Von all den Zigtausenden, die sich auf den Weg gemacht hatten, immer wieder ihren Häschern entwichen und unverdrossen weiter schwammen. Eine soll dieser Tage gesichtet worden sein. Im Donaudelta am Schwarzen Meer. Eine einzige Ente.

Begonnen hatte es bereits am 18. Juli dieses Jahres. Es war für einen guten Zweck zum Wohle des Integrationshauses und ein ordentliches Spektakel obendrein. Der Kabarettist Werner Brix gab auf der Heiligenstädter Brücke den Startschuss und mehr als 20.000 rote Plastikenten stürzten sich in den Donaukanal um wettkampfmäßig stromabwärts bis zur Summerstage zu schwimmen.

Brixens kurzes Geleit

Werner Brix gab ein Ehrengeleit für die drei Kilometer und soweit ging auch alles gut. Dann allerdings riss die Sperre. Schätzungsweise die Hälfte der Plastikenten - also in etwa 10.000 - witterten ihre Chance und zögerten nicht, sie zu nützen. Schwimmen ist schließlich die Bestimmung von Plastikenten.

Die Bestimmung der Feuerwehr wäre es gewesen, die Enten wieder einzufangen. Nur hatte man vergessen, diese zu informieren. Auszubaden hatten das im wahrsten Sinne des Wortes alle Einrichtungen der Stadt, die über Boote verfügen. Erst einen Tag später erging der Auftrag unter anderen an die MA 45 (Wasserbau), die Wasserstraßendirektion und die MA 49 (Nationalparkverwaltung): Enten fangen.

Manche Beteiligten bekommen jetzt noch Schübe, wenn man sie an diese Tage erinnert, indem man das schlichte Wort Ente in den Mund nimmt. Man kann sie förmlich durchs Telefon hören: Solche Kabel am Hals. "Bitte lassen S' mich in Ruhe mit diesem Sch...! Das is ja nicht auszuhalten! Das sind ja lauter Kinderä...!" Doch offiziell will keiner der Beteiligten sich über die von der Stadt freundlich unterstützte Aktion äußern.

Die Entwichenen hatten sich einfach schon überall breit gemacht und stellten eine "Gefahr für die Wasserstraße" dar, wie es hieß. Im Kreisel vom Kraftwerk Freudenau kreiselten ein paar hundert Enten fröhlich vor sich hin. Andere Hundertschaften ruhten sich von den Strapazen auf den Sandbänken der Donau und in lauschigen Nebenarmen in der Au aus. Ein paar tüchtigere Ausreißer wurden bereits in Bratislava gesichtet.

Der Freiheitsdrang

In etwa 6000 wurden wieder geschnappt, doch der Freiheitsdrang der Enten unterschätzt. Schon einen Tag später hatte die Hälfte schon wieder Reißaus genommen, war einfach wieder weg.

Eine, wie gesagt, soll es nun bis zur Donaumündung geschafft haben. Doch auch in näherer Umgebung werden sie immer wieder gesichtet, die roten Viecher. Bei den Daubenfischern am Wehr 2 etwa haben sich gleich sieben Stück angesiedelt. "Da drüben war ja alles rot", erinnert sich Frau Slovacek an die Tage der großen Entenfreiheit. Dass viele von denen von Offiziellen geschnappt und "entsorgt" wurden, erregt ihr Mitleid. "Hier wird nix entsorgt, die bleiben alle da", versichert Frau Slovacek.

Aber man weiß hier auch über die unbändige Freiheitsliebe der Plastikenten bestens Bescheid. Vier Stück wurden liebevoll an einen angeschwemmten Ast montiert. Mit Hunderter-Nägeln. (Roman David-Freihsl/DER STANDARD, Printausgabe, 9.9.2004)