Die Fusion der Gewerkschaften von Angestellten und Metallern ist am Mittwoch nach dem Präsidium des ÖGB abgeblasen worden – offiziell wegen der Kritik der Metaller an Unternehmen der GPA, die Wohnbaugesellschaften und eine Shoppingmall im Gasometer betreibt.

Wien – Metaller und Privatangestellte finden in ihrer Gewerkschaftsorganisation nicht zusammen. Mit einer knappen Erklärung von ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch wird eine gut zehn Jahre schwelende Organisationsdiskussion im Gewerkschaftsbund beendet: "So ein großes und ambitioniertes Projekt besteht nur dann, wenn es Mitglieder und Funktionäre in aller Konsequenz mittragen."

Dies war offenbar nicht der Fall – vor allem auf der zweiten Ebene hatte es Reibereien gegeben. Dazu kam eine völlig unterschiedliche Struktur der Vertretenen und eine andere Unternehmenskultur.

Stichwort Unternehmen

Schließlich war es die Kritik der Metaller an den Unternehmen der GPA, die als Begründung für das Ende der Fusionsbemühungen herangezogen wurde. Die GPA betreibt eine erfolgreiche Wohnbaugesellschaft und ein nicht so erfolgreiches Einkaufszentrum. ÖGB-Vizepräsident Karl Klein: "Ich glaube nicht, dass die GPA irgendwelche ,Leichen im Keller‘ hat, wie das manchmal durchgeklungen ist. Aber die Frage ist berechtigt, ob eine Arbeitnehmervertretung solche unternehmerischen Aktivitäten entfalten soll." Verzetnitschs Antwort auf die Frage ist ein Nein.

Wie es mit der ÖGB-Struktur nach dem Scheitern der Großgewerkschaft (Arbeitstitel "G4") um Metaller und GPA weitergeht, bleibt offen.

Es sei zu früh, um über etwaige andere Zusammenschlüsse zu sprechen, sagte der Präsident, dem von den ursprünglichen Partnern Hans Sallmutter (GPA) und Rudolf Nürnberger (Metall, Bergbau, Energie) das Überbringen der unangenehmen Nachricht überlassen wurde. Offiziell wird die Fusion dann in den nächsten Tagen entsorgt.

Die Metaller tagen am Freitag, die Agrargewerkschaft am Montag, die GPA am Dienstag. Dort sollen die entsprechenden Beschlüsse getroffen werden. Der Drucker-Zentralvorstand hatte bereits am vergangenen Montag ein Platzen des Projekts vorhergesehen.

Die Fortführung einer Reorganisation des ÖGB ist jedenfalls notwendig: Die beiden kleineren Partner der geplatzten Fusion – die Agrar- und die Druckergewerkschaft – dürften sich eher den Metallern anschließen, um von der organisatorischen Stärke und flächendeckenden Präsenz einer Großgewerkschaft zu profitieren. Allerdings gibt es auch hier Unterschiede in der Unternehmenskultur, erzählt Klein dem STANDARD: "Bei den Forstarbeitern wird zu Beginn von Veranstaltungen das Jagdhorn geblasen – da fangen die Metaller zu lachen an oder sind zumindest befremdet."

Vom Platzen der vor drei Jahren überstürzt bekannt gegebenen Fusionspläne (die eine Abkehr von den Organisationsreformen des ÖGB-Präsidenten waren) sind die anderen Teilgewerkschaften nicht betroffen. Die Gruppe Infra werde weiter Kooperationen betreiben, hieß es nach dem Präsidium. Ob sich die Chemiearbeiter mit den Metallern zu einer "Arbeitergewerkschaft" zusammenschließen, ist derzeit kein Thema.

Für Verzetnitsch ist das Scheitern der Fusion "kein Beinbruch", denn: "Wir haben es probiert, es geht nicht, wir probieren etwas anderes." (DER STANDARD, Printausgabe, 9. 9. 2004)